Teatro Barocco

Teatro Barocco — — Presse

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tanz.at | 11. 09. 2023 | Edith Wolf Perez

Teatro Barocco mit „Antonio e Cleopatra“ in Stift Göttweig

Wenn Impresario Bernd Bienert eine Oper der Barockzeit auf die Bühne bringt, dann orientiert er sich nicht nur an der historischen Aufführungspraxis und -ausstattung, sondern wählt auch sehr sorgfältig den Ort dafür aus. Dieser ganzheitliche, künstlerische Zugang führt das Publikum auf eine sinnliche Kultur-Zeitreise, die wunderbar vielfältige Perspektiven auf, oft in Vergessenheit geratene, Werken der Opernliteratur eröffnet. Dieses Jahr gelang das dem Teatro Barocco mit „Antonio e Cleopatra“ in Stift Göttweig.

Mit seiner Serenata “Antonio e Cleopatra” landete der deutsche Komponist Johann Adolph Hasse in Neapel 1725 einen frühen Erfolg und legte damit den Grundstein für seine lange Karriere als (Opern-)komponist. Mit einer Apotheose huldigte er darin Kaiser Karl VI. Einige Jahre später wurde Hasse als Musiklehrer für dessen Tochter Maria Theresia bestellt.

In diesem Zusammenhang bietet sich Stift Göttweig als idealer Ort für die Wiederaufnahme. Im Aufgang zum Altmanni-Saal befindet sich ein Deckenfresko von Paul Troger mit Kaiser Karl VI als Apollo im Zentrum und Maria Theresia zu seiner Rechten. Außerdem verfügt der Altmanni-Saal über die ideale Größe. Wie der Ort der Uraufführung des Werkes bietet er Platz für knapp über 100 Zuhörer*innen.

Für das Bühnenbild hat sich Bienert diesmal vom Ostertheater Lienz aus dem 18. Jahrhundert inspirieren lassen, Cleopatras Kostüm samt Federn-Kopfschmuck wurde nach einem Gemälde, das Marie Antoinette zeigt, entworfen und geschneidert.

Soweit der Rahmen, in dem sich das Reenactment der Barockoper entfaltet, als musikalische Dialoge zwischen Cleopatra und Antonio nach der Niederlage in der Schlacht von Actium. Noch einmal beschwören sie ihre Liebe, schmiedet Antonio Pläne für eine Revanche. Er wird von Cleopatra überzeugt, dass ein derartiges Unterfangen unweigerlich scheitern und sie als Sklavin nach Rom verschleppt würde. Eindringlich führt sie ihr mutmaßliches Schicksal und die Schmach vor Augen. Schließlich willigt Antonio in den gemeinsamen Freitod ein.

 

„Körperrede“

Mit präzisen und einfachen Gesten choreografiert der Tänzer Bienert die „Körperrede“, die den Text der Rezitative und Arien optisch in Szene setzen und sich an der historischen Aufführungspraxis orientiert. Er bringt damit den Theaterusus des 18. Jahrhunderts greifbar nahe in unsere Zeit.

Freilich findet diese originalgetreuen Inszenierung auch auf höchstem musikalischen Niveau statt. Das Orchester unter der musikalischen Leitung von Davide Mariano am Cembalo spielt auf Originalinstrumenten. Dass sowohl die Rolle des Antonio als auch die der Cleopatra mit Frauen besetzt sind, reflektiert ebenfalls die barocke Aufführungspraxis (bei der Uraufführung durch eine Sängerin und einen Kastraten). Katharina Adamcyk als Cleopatra und Alina Dragnea als Antonio überzeugen in ihren Rollen und mit ihren wunderbaren Stimmen.

Die Tänzerin Bettina Knett wirkt als eine Art Zeremonienmeister: mit historischem Schrittmaterial zu Beginn und am Ende der zwei Akte. Im Schlussduett, in dem die Liebenden ihre ewige Verbundenheit im Jenseits besingen, verkörpert sie die musikalische Apotheose auf Karl VI. So wird der Freitod als Symbol für die Begründung des glorreichen Habsburgerreichs durch Karl den Großen und unter seinen Nachfahren gefeiert

 

Ein Repertoire im Originalklang und -bild

Seit 2012 stellt Bernd Bienerts Teatro Barocco diese sehr originelle, eigenständige und originalgetreue Annährung an die Überlieferung des Barocktheaters auf verschiedene Bühnen in Niederösterreich und Wien. Er entdeckte das Laxenburger Schlosstheater als Orgininalschauplatz von Mozarts „Figaro“ und Hasses „Piramo e Tisbe“ wieder und belebte das Schönbrunner Schlosstheater mit Mozart und Gluck-Opern. Das erstmalige Gastspiel in Stift Göttweig schreibt diese Tradition würdig fort. Dazu hat Bienert heuer auch den informativen und reich bebilderten Werkkatalog „Teatro Barocco. Oper als Körperrede. Liebeerklärung an Mozarts Musiktheater“ herausgegeben, der einen umfassenden Rückblick auf diese außergewöhnliche, in Österreich einzigartige, Arbeit bietet. Ein Schmökern in dem Buch macht Lust auf Wiederaufnahmen der sorgfältig recherchierten und akribisch umgesetzten Produktionen des mittlerweile umfangreichen Repertoire des Teatro Barocco.

 

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Der Standard | 05. 09. 2023 | Stefan Ender

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Die Presse | 04. 09. 2023 | Josef Schmitt

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Kronenzeitung | 04. 09. 2023 | Dr. Karl-Heinz Roschitz

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Kurier | 04. 09. 2023 | Silvia Kargl

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Kurier | 08. 2022 | Helmut Christian Mayer

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Die Presse | 08. 2022 | Josef Schmitt

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Kronen Zeitung | 20. 08. 2022 | Karlheinz Roschitz

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Salzburger Nachrichten | 20. 08. 2022 | Hedwig Kainberger

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DiePresse.com | 18. 08. 2022

Originalbilder zum Originalklang in Perchtoldsdorf

Bernd Bienert bringt heuer „Der Tod der Dido“ und „Il maestro di cappella“ in historisch-authentischem Inszenierungsstil nach Perchtoldsdorf, Wien und Melk.

 

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„Das ist nicht zu glauben, was in dieser Musik für Feuer ist“: So soll Wolfgang Amadeus Mozart einst über das Schaffen seines Zeitgenossen Ignaz Holzbauer geurteilt haben. Nicht von ungefähr hat Bernd Roger Bienert heuer also für sein „Teatro barocco“ Holzbauers „Tod der Dido“, ein Frühwerk der deutschen Operngeschichte, ausgegraben. Am 20. August hat es Premiere im Burgsaal Perchtoldsdorf. Bienert hat es sich ja seit einem Jahrzehnt zur Aufgabe gemacht, nicht nur barocke Opern auf die Bühne zu bringen, sondern dabei auch eine möglichst historisch-authentische Inszenierungsform zu wählen. Gleichzeitig geht es ihm darum, zu zeigen, auf welchem Nährboden beispielsweise Mozart seine Karriere entwickeln konnte. „Mozart hat ja zahlreiche Entwicklungen subsumiert. Vieles, was ihn ausmachte, hat er nicht selbst erfunden, was er auch nie behauptet hat. Und genau diese Vielfalt, auf die er aufbaute, möchten wir zeigen“, sagt Bienert im Interview.

 

Brennendes Karthago

In der zehnten Saison seines TEATRO BAROCCO präsentiert Bienert also Holzbauers einaktige Oper über den Gründungsmythos von Karthago, in dem die Königin von Feinden belagert wird, sich von ihrer Schwester hintergangen und von ihrem Geliebten verlassen fühlt. Währenddessen wird die Stadt angezündet. Das Libretto zu diesem Werk schrieb niemand Geringerer als Pietro Metastasio. Der gebürtige Wiener Ignaz Holzbauer, der sich auch durch seine Oper „Günther von Schwarzburg“ einen gebürtige Wiener Ignaz Holzbauer, der sich auch durch seine Oper „Günther von Schwarzburg“ einen Namen machte und der viele Jahre Hofkapellmeister in Mannheim war, ließ auf die italienische Fassung auch eine deutschsprachige folgen. Diese kam 1784 in Mannheim zur Uraufführung und ist mit Fug und Recht als eine der ersten deutschsprachigen Opern zu bezeichnen: „Sie ist unseren Recherchen nach die zweite deutsche Oper der Musikgeschichte überhaupt“, so Bienert. Nun kommt sie in Perchtoldsdorf zur österreichischen Erstaufführung.

 

ORF.NOE | 15. 08. 2022

TEATRO BAROCCO: Oper wie im 18. Jahrhundert

TEATRO BAROCCO bringt zu seinem Zehn-Jahr-Jubiläum die österreichische Erstaufführung der Tragödie „Tod der Dido“. Die einaktige Oper von Ignaz Holzbauer wurde 1784 uraufgeführt. Premiere ist am 20. August in Perchtoldsdorf (Bezirk Mödling).

 

„ ‚Tod der Dido‘ ist eng mit dem Gründungsmythos von Karthago verbunden. Die tragische Geschichte der legendären Königin, die von Liebe, Leidenschaft und tiefster Verzweiflung geprägt ist, erfährt in der Musik große emotionale Tiefe“, erklärt Bernd R. Bienert. Er ist seit 2012 Intendant von Teatro Barocco und für Regie und Ausstattung verantwortlich. Die musikalische Leitung liegt bei Christoph U. Meier.

 

Barockes Musiktheater: „Unterhaltsam und authentisch“

„Tod der Dido“ schrieb der aus Wien stammende Komponist Ignaz Hofbauer für den Kurfürstlichen Hof in Mannheim, an dem er arbeitete. Die Oper wird in Österreich zum ersten Mal auf Deutsch aufgeführt. Sie sei eine der brillantesten musikalischen Komödien überhaupt, so der „Presse“-Musikkritiker Wilhelm Sinkovicz. „Die diesjährige Stagione des Teatro Barocco bietet die Gelegenheit, dem hinreißenden Werk in einer nicht nur musikalisch, sondern – wie gewohnt bei dieser Compagnie – auch optisch der historischen Wahrheit angenäherten Version zu erleben.“

Mit „Charme und Witz“ geht es laut Bienert weiter. Das Teatro Barocco zeigt außerdem mit „Il maestro di cappella“ (im Bild ganz oben) ein humorvolles Intermezzo. In dem von Domenico Cimarosa 1793 komponierten Stück wird ein Solosänger zum „wundersamen Kapellmeister“. Die komische musiktheatralische Szene verdeutliche dem Publikum spielerisch die Komplexität einer fertigen Komposition, die auf akribischer Planung und Ausarbeitung beruht, so die Veranstalter.

Teatro-Barocco-Intendant Bienert kündigt barockes Musiktheater an, „unterhaltsam, authentisch und auf höchstem Niveau“. Für das audiovisuelle Gesamterlebnis sorgen das Ensemble, historische Instrumente, „aufwändige Kostüme zusammen mit den spektakulären Locations“.

Neben dem Neuen Burgsaal in Perchtoldsdorf (20. bis 23. August) und dem Schönbrunner Schlosstheater in Wien (2. und 3. September) gastiert Teatro Barocco erstmals im Stift Melk (10. September). „Der dortige Kolomanisaal ist einer der schönsten barocken Festsäle Österreichs. Unter den prachtvollen Fresken von Paul Troger wird die diesjährige Inszenierung perfekt zur Geltung kommen“, freut sich Bernd R. Bienert über die Einladung der Benediktiner.

 

Die Presse Kulturmagazin | 05. 2022 | Wilhelm Sinkovicz

Im Bann der Emotionen

Bernd Bienert und sein TEATRO BAROCCO bringen unbekannte Preziosen aus der Barockzeit auf die Musiktheaterbühne

 

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Für Opernkenner gehören die Premieren des Teatro Barocco von Bernd Roger Bienert längst zu den Fixpunkten im Aufführungskalender. Für diesmal gibt es mit den Premieren am 20. August in der Burg Perchtoldsdorf und am 2. September im Schönbrunner Schlosstheater einen Einblick in die musiktheatralischen Welten der Mozart-Zeit. Für Musikfreunde im 21. Jahrhundert scheint es ja keinen Zweifel zu geben, wer der führende Meister jener gewesen ist - nicht nur in Sachen Oper. Die Zeitgenossen sahen die Dinge differenzierter. Ihnen galt ein Mann wie Domenico Cimarosa als mindestens so bedeutend wie Mozart - und tatsächlich konnte sich das eine oder andere Werk des Opernmeisters aus Neapel über die Jahrhunderte im Gedächtnis der Musikwelt halten: Allen voran die fein geschliffene Opera buffa "Der Musikmeister" (Il maestro di cappella"), eine der brillantesten musikalischen Komödien überhaupt. Die diesjährige Stagione des Teatro Barocco bietet die Gelegenheit, dem hinreißenden Werk in einer nicht nur musikalisch, sondern - wie gewohnt bei dieser Compagnie - auch optisch der historischen Wahrheit angenäherten Version zu erleben. Für einen ganzen Abend aber braucht es bei diesem Cimarosa-Werk eines Zwillingsstücks. Abendfüllend wird die Premiere durch eine veritable Erstaufführung. Ignaz Holzbauers „Tod der Dido" ist hierzulande noch nie gespielt worden. Doch ist die Tragödie das Werk eines der meistgespielten Opernkomponisten seiner Zeit, der noch dazu aus Wien stammt: Holzbauer kam 1711 zur Welt, wurde - gegen den Willen seines Vaters - im Domchor zu St. Stephan musikalisch sozialisiert und wuchs unter den Fittichen des großen Johann Joseph Fux zu einem kundigen Komponisten heran. Seine Lehre absolvierte Holzbauer dann in Venedig, wo er die Musik der großen Zeitgenossen von Vivaldi bis Galuppi studierte. Weitgereist und hochgebildet, gelangte Holzbauer 1753 nach Mannheim. Dort wirkte er für fast drei Jahrzehnte als Hofkapellmeister, prägte also - nicht zuletzt mit seiner vorbildhaften deutschen Oper „Günther von Schwarzburg" (1777) einen musikalischen Stil mit, der sich bald als essenzielle Quelle auch für die Wiener Klassik entpuppen sollte: „Geist und Feuer" hätte Holzbauers Musik, so berichtete Mozart anlässlich seines Besuches in Mannheim. Grund genug, sich endlich auch in Holzbauers Heimatstadt mit dessen Musik auseinanderzusetzen.

 

Flammentod.

Die von Bernd Bienert ausgegrabene musiktheatralische „Aeneis"- Episode „Didone abbandonata" hatte zwei Jahre nach Günther von Schwarzburg" nach einem Libretto von Metastasio in Mannheim Premiere. Der Komponist selbst erarbeitete für spätere Aufführungen eine deutschsprachige Version des Librettos. Das TEATRO BAROCCO bringt das Werk nun erstmals nach Wien. Man darf gespannt sein, wie sich der Flammentod der verzweifelten Herrscherin von Karthago in Bernd Bienerts Rekonstruktion des Kulissenzaubers von Anno 1784 ausnehmen wird - eine bemerkenswerte Antithese zum modischen „Regisseurstheater" ist jedenfalls zu erwarten!

 

Die Presse | 18. 08. 2021 | Wilhelm Sinkovicz

 

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Die Presse | 11. 08. 2021 | Theresa Steininger

„La Corona“ und der lange Opern-Lockdown

TEATRO BAROCCO. Bernd R. Bienert bringt ein Werk des großen Reformators Gluck zur Aufführung, dessen Premiere schon anno 1765 verschoben werden musste, und zeigt die Uraufführung eines Melodrams des Mozart-Zeitgenossen Georg Benda.

 

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Ausgerechnet „La Corona“? Ob man mit diesem Titel aneckt oder das Publikum justament neugierig macht? TEATRO BAROCCO Intendant Bernd R. Bienert hat lang überlegt und sich dann erst recht für die gleichnamige Oper Christoph Willibald Glucks entschieden. Ihm gehe es weniger um Provokation „als um ein interessantes Werk eines großen Opernreformators, ein spätbarockes Gesamtkunstwerk“. Und: „Endlich hören die Leute etwas Positives im Zusammenhang mit Corona.“
Anstatt um ein Virus dreht sich das Werk um einen Siegeskranz aus dem Libretto von Pedro Metastasio, das von Gluck 1765 im Auftrag von Maria Theresia vertont wurde. Vier Jägerinnen sollen ein Untier, den Kalydonischen Eber in der Größe eines Ochsen, zur Strecke bringen und dafür eben einen Lorbeerkranz bekommen. Bei der Uraufführung sollten vier Töchter der Kaiserin die Jägerinnen spielen und damit vermitteln, wie das Haus Habsburg das Heidentum, für das der Eber steht, besiegt. Doch zur Uraufführung kam es nie. Kaiser Franz Stephan starb kurz zuvor und die Erstaufführung in Schönbrunn wurde abgesagt – für Bienert auch eine interessante Parallele zu einer Zeit, in der viele Premieren verschoben wurden.

 

Originalklang und Originaloptik!
Bienert kennt man mit seinem TEATRO BAROCCO, das heuer sein Zehn-Jahres-Jubiläum feiert, als Pionier in Sachen historischer Aufführungspraxis. Ihm geht es nicht allein um originale Instrumente der Entstehungszeit. Vielmehr soll sich die gesamte Produktion den damaligen Gepflogenheiten unterwerfen: Authentische Bühnenbilder, Kostüme und Regieanweisungen werden rekonstruiert. Gerade aus der Mozart-Zeit gebe es genügend bildliche und schriftliche Überlieferungen zu den Präsentationsformen.
„Meine Überzeugung ist, dass nicht nur die Noten an sich, sondern auch die von den Komponisten in die Partitur eingetragenen Regieanweisungen als für die Regie verbindlicher Teil des Werks aufzufassen sind. Diese tragen klar zum besseren Verständnis bei“, sagt Bienert. „Wenn im Libretto Metastasios Lanzen als Requisiten verlangt werden, so darf man diese nicht leichtfertig streichen. Vielmehr konnte ich recherchieren, dass sie als Machtsymbol des Kaiserhauses gedeutet werden können. Die heilige Lanze verlieh der Habsburgermonarchie ihre Legitimation. Die Erzherzoginnen unterstrichen damit ihre Position als Vertreterinnen des Christentums auf Erden.“
Zudem spiele die Gestik eine große Rolle. „Ich gestehe, heutige, sehr statische Inszenierungen barocker Opern oft als extrem langweilig zu empfinden. Die Texte sind ja teils so kompliziert, dass man sie ohne Textbuch und ohne eine äquivalente optische Ausdeutung auf der Bühne kaum auf Anhieb verstehen kann. Das kann doch damals einfach nicht so gewollt gewesen sein. Ich bin fest davon überzeugt, dass sowohl Gestik als auch analoge musikalische Umsetzung sehr wichtig waren.“ Somit hat Bienert auch einem damaligen Usus Rechnung getragen, was das Musikalische betrifft: „Unser Dirigent, Christoph Ulrich Meier, hat die Auszierungen, die zu dieser Zeit in die Arien als Kadenzen eingeflochten waren und richtiggehend als Sport der Sängerinnen betrieben wurden, ausführlich erarbeitet.“

 

Mit zweitem Mozart-Werk kombiniert
Kombiniert wird „La Corona“ mit einem weiteren Werk der Mozart-Zeit: Georg Anton Bendas „Philon und Theone“, das der böhmische Innovator 1779 komponierte, das aber niemals aufgeführt wurde, weshalb Teatro barocco eine Uraufführung ankündigen kann. Bienert, der bereits mehrere Werke Bendas – der als Erfinder des Melodrams als Verbindung zwischen Sprechstimme und Orchesterklängen gilt – aufgeführt hat, hat sich in der Nationalbibliothek auf die Suche nach weiteren Benda-Arbeiten gemacht und ist auf „Philon und Theone“ gestoßen. „Das Werk wurde nur filetiert in Prag zur Aufführung gebracht. Auf Basis dieser Version und des hervorgeholten Manuskripts haben wir nun das Originalwerk rekonstruiert“, so Bienert.
Das 20-minütige Werk dreht sich um einen Ehemann auf der Suche nach seiner verstorbenen Frau, die ihn bis an den Rand des Totenreichs führt. Dabei musste er sogar die Handlung wieder sinnvoll zusammensetzen. Die damals neuartige Glasorgel sorgt für die Stimmen aus der Unterwelt – und das Werk „klingt schon sehr nach 19. Jahrhundert, in Richtung Beethoven, obwohl es so viel früher entstanden ist. Ich glaube, es hätte die Musikgeschichte verändern können, wäre es früher uraufgeführt worden“, so Bienert.
Während die Premiere am 12. August im Perchtoldsdorfer Neuen Burgsaal stattfindet, bringt eine Aufführung am 1. September im Schlosstheater Schönbrunn „La Corona“ an ihren Bestimmungsort zurück.

 

 

 

Kronen Zeitung | 02. 08. 2021 | Karlheinz Roschitz

TEATRO BAROCCO: Bernd R. Bienerts Opern-Uraufführungen von Gluck & Benda

„Entdeckungen, meine Spezialität“

 

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Die Proben im Studio und in der Burg Perchtoldsdorf in der Endrunde: Bernd Roger Bienert, Intendant von TEATRO BAROCCO, Regisseur, Bühnenbildner und Autor, schließt die Arbeit an Glucks „La Corona“ und Bendas „Philon und Theone“ ab.

„Wir alle sind in einem Glückszustand“, freut sich Bienert. „Diese Opernproduktionen waren für unser Teatro-Barocco-Fest 2020 geplant, wir müssen die beiden Werke jetzt neu erarbeiten!“ Am 12. August haben zwei von der Geschichte durch Unglücksfalle verhinderte Uraufführungen im Großen Saal der Burg Premiere. Aufgeführt werden Christoph Willibald Glucks „La Corona“, der Siegeskranz, und GeorgAnton Bendas „Philon und Theone“.

Seit Jahren hat Bienert, ehemals Tänzer und Choreograf der Wiener Staatsoper und der Zürcher Oper und Gründer und Leiter des Teatro Barocco, mit Opern- und Melodramen Erfolg: so in der Bibliothek des Stiftes Altenburg, im historischen Saal des Casinos Baden. in Maria Theresias Hoftheater in Schloss Laxenburg usw. Für heuer hat Bíenert zwei besondere Wiener Bibliotheks-Funde aufs Programm gesetzt: Glucks „La Corona“ nach Petro Metastasios Textbuch. ist ein Auftragswerk Maria Theresias, eine Huldigung für das Namenstagsfest 1765 ihres Gatten Kaiser Franz I. Stephan. Das Fest musste abgesagt werden. der Kaiser war gestorben. Das Werk blieb unaufgeführt, die Partitur kam ins Archiv.

Für die einst gefeierten Melodramen Georg Anton Bendas hat sich Bienert seit Jahren eingesetzt. So für „Medea“ und „Ariadne“. 1779 schrieb Benda für Friedrich II. von Preußen das Liebesdrama „Philon und Theone“. das ebenfalls unaufgeführt blieb. Für beide Werke entwarf Bienert historisch originalgetreue Bühnenbilder und Kostüme. Und verpflichtete das Sängerensemble. Christoph Meier und Carlo Cimento leiten das Ensemble TEATRO BAROCCO.

 

 

 

BÜHNE - Das Magazin | 08. 07. 2021 | Theresa Steininger

Eine Welturaufführung bei TEATRO BAROCCO in Perchtoldsdorf

Authentische historische Aufführungspraxis wird bei TEATRO BAROCCO in Perchtoldsdorf großgeschrieben.
Beim 10-Jahres-Jubiläum stehen „La Corona“ von Gluck und die Uraufführung von Georg Anton Bendas „Philon und Theone“ auf dem Programm.

 

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Günther Strahlegger singt den Philon bei der Welturaufführung von „Philon und Theone", einem Melodram von Georg Anton Benda, beim Festival TEATRO BAROCCO in Perchtoldsdorf. Foto: Bienert

 

„Ja, ich habe wahnsinnig lange überlegt, ob dieses Stück das richtige für die aktuelle Situation ist. Wir haben alle schon so viel von Corona gehört, aber andererseits ja nie etwas Positives.“ Bernd R. Bienert ist Intendanten des TEATRO BAROCCO in Perchtoldsdorf. Ihm sei klar, sagt er der BÜHNE, dass es Risiko und Pointe in einem ist, im heurigen Jahr ausgerechnet eine Oper mit dem Namen „La Corona“ anzusetzen. Dahinter steckt Christoph Willibald Glucks Werk nach einem Libretto von Metastasio. Es handelt von einemein Untier, das die Welt in Angst und Schrecken versetzt, und einen Siegeskranz, eben La Corona, die erhalten soll, wer es besiegt.

Das Stück wurde von Maria Theresia in Auftrag gegeben und lässt nicht nur durch den Titel Bezüge zu heute herstellen. Wegen des Todes von Kaiser Franz Stephan, dem Mann Maria Theresias, wurde die Uraufführung damals kurzfristig abgesagt – wie zuletzt ja so manche Premiere. „Das ist wirklich eine bemerkenswerte Parallele“, so Bienert. „Es geht mir aber nicht nur um die oberflächliche Pointe, sondern um ein wirklich interessantes Stück eines großen Opernreformators.“

Spät-barockes Gesamtkunstwerk

Bienert hält das Werk für ein spät-barockes Gesamtkunstwerk – wie so viele Stücke, die er bei seinem 2012 gegründeten TEATRO BAROCCO aus der Vergessenheit geholt hat. Der Intendant in Perchtoldsdorf lässt seine Darsteller in rekonstruierten Kostümen, historisch-authentischen Inszenierungen und vor handgemachten barocken Bühnenbildern auftreten. Die Musiker spielen auf historischen Instrumenten.

Grundlagenforschung

Auch für „La Corona“ verspricht er prunkvolle, handgearbeitete Roben und stark an barocke Aufführungspraxen anschließende Kulissen. Man wolle „die Epoche Maria-Theresias wieder erlebbar machen“, so Bienert. Dahinter steckt einiges an Grundlagenforschung. „Es ist gerade im Fall der Barockoper nicht so, dass man das Regiebuch aufschlägt und darin ein Kochrezept findet. Vielmehr gibt es nur ganz marginale Regieanweisungen“, beschreibt Bienert.

Umso mehr sehe er es als seine Aufgabe, auf genaue Vorbereitung und Authentizität zu setzen. Bienert gilt mit seinem TEATRO BAROCCO als Pionier in Sachen historische Aufführungspraxis bekannt wurde „Durch Forschung komme ich den damaligen Intentionen näher. Wenn hier steht, dass die Figuren, die die Töchter Maria Theresias einst spielen sollten, eine Lanze tragen, so lasse ich das nicht einfach weg, sondern gehe der Frage nach, warum das so ist. Die Lanze galt damals als Symbol der Macht des Kaiserhauses, die Erzherzoginnen unterstrichen somit im Stück auch ihre Bedeutung am Hof.“

Außerdem habe er, so Bienert, „in meinen Recherchen herausgefunden, dass die Tötung des Kayldonischen Ebers, eben des Untiers, in der barocken Emblematik die Rettung des Christentums bedeutet. Die jungen Darstellerinnen, alle vier Erzherzoginnen des habsburgischen Kaiserhauses, sollten demnach in Vertretung des Hauses Habsburg metaphorisch für die Rettung des Christentums kämpfen.“

Detailreiche Spurensuchen

Was für ihn musikalisch den besonderen Reiz der Oper ausmacht, sind die „Auszierungen, wie sie damals üblich waren. Nach dem A- und B-Teil einer Da-Capo-Arie steht eine Fermate. Aber keinesfalls geht es nur um langes Aushalten eines Tones. Sondern es kommt eine Wiederholung, in der die Sängerinnen damals ihre besonderen Talente hervorstrichen. Das war einerseits ein Sport, andererseits beurteilte das Publikum sie danach.“ Gemeinsam mit Dirigent Christoph U. Meier, einem Spezialist für Barockmusik ebenso wie für Richard Wagner, habe er „ebensolche Variationen für unsere Darstellerinnen erarbeitet“.

Auch die aus der Barockzeit stammende Theatergestik hat Bienert rekonstruiert. „Früher habe ich selbst in Barockopernaufführungen nicht verstanden, was die alle auf der Bühne tun. Ich empfand es als entsetzlich langweilig. Die Texte von ‚La Corona’ sind in einem Italienisch, das man eigentlich nicht verstehen kann, auch weil Metastasio so viele Metaphern verwendete und sich sehr kompliziert ausdrückte. Umso wichtiger ist es, den Inhalt auch durch Gesten zu transportieren.“

„Philon und Theone“ beim TEATRO BAROCCO

Gemeinsam mit Glucks Werk kommt das Melodram „Philon und Theone“ von Georg Anton Benda auf die Bühne. Schon in den Vorjahren hat man Werke dieses Komponisten, den Mozart sehr geschätzt haben soll, aus den Archiven aufgestöbert. Hier musste sogar die Handlung erst von Bienert rekonstruiert werden. Das Werk dreht sich um einen Mann, der seine Geliebte verloren hat und den seine Suche bis an den Eingang des Totenreichs bringt.

Das Melodram des Böhmen Benda wurde zwar 1779 geschrieben – er gilt überhaupt als Erfinder dieser Gattung – aber nie aufgeführt. Daher kann man nun beim TEATRO BAROCCO eine Uraufführung präsentieren, die durch die Kombination von Sopranstimme, Chor, Schauspielern und den Klängen der damals neu erfundenen Glasharmonika für besondere Eindrücke sorgen wird. „Die Musik der Glasharmonika klingt wie von einer anderen Welt und muss daher für die Stimmen aus dem Totenreich verwendet worden sein.“

242 Jahre nach der geplanten Uraufführung kommt es nun zu dieser. Und während die Premiere von „La Corona“ und „Philon und Theone“ am 12. August im Neuen Burgsaal in Perchtoldsdorf stattfindet und dort eine Spielserie bis 22. August folgt, gibt es am 1. September eine ganz besondere Aufführung im Schlosstheater Schönbrunn. „Einst hat sich Maria Theresia die Oper ´La Corona´ für ihre eigene Bühne gewünscht, nun geht ihr Wunsch Jahrhunderte später durch unsere Aufführung in Erfüllung“, ist Bienert stolz.

https://www.buehne-magazin.com/11194/teatro-barocco-in-perchtoldsdorf/

 

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Bernd R. Bienert ist Intendant des Festivals TEATRO BAROCCO
und gilt als Pionier in Sachen historische Aufführungspraxis
Foto: TEATRO BAROCCO

 

 

 

Die Presse - Kulturmagazin | 04. 06. 2021 | Wilhelm Sinkovicz

Sensationelle Neuentdeckungen

Spannende Einblicke in die musikalischen Bräuche zu Beginn der Wiener Klassik liefert das TEATRO BAROCCO mit „Corona“ und „Philon und Theone“.

 

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Zum zehnten Mal bitten Bernd Bienert und sein TEATRO BAROCCO zum Festival. Gleich zwei Weltpremieren von Werken der Mozart-Zeit sind diesmal zu erleben, von denen eines einen höchst aktuellen Titel trägt: Christoph Willibald Glucks „La Corona“ von 1765 wird in Perchtoldsdorf gekoppelt mit dem Melodram „Philon und Theone“ von Georg Anton Benda uraufgeführt!
Ein spannender Einblick in die musiktheatralischen Gebräuche der Ära der beginnenden Wiener Klassik ist garantiert. Gluck war der führende Komponist in der kaiserlichen Residenzstadt, Benda galt dank seines musikdramatischen Innovationsgeistes als eine der originellsten Persönlichkeiten des Kulturlebens. Das Melodram als eigenständige Kunstgattung war Bendas ureigene Erfindung. Mozart war fasziniert von der Möglichkeit, die Sprechstimme der Schauspieler mit Orchesterklängen zu untermalen.

Von den Ereignissen überrollt. Dem stets neugierigen Intendanten Bienert ist es zu danken, gleich zwei Werke bedeutender Meister gefunden zu haben, die zu Lebzeiten der Komponisten nicht gespielt wurden. Die musikhistorisch einzigartige Premiere macht uns zunächst mit einem Auftragswerk Glucks bekannt, das 1765 von vier Erzherzoginnen erstmals gespielt werden sollte. Doch die Töchter Maria Theresias wurden damals von den Ereignissen überrollt: Die geplante Aufführung konnte nicht stattfinden, weil aufgrund des Todes ihres Vaters, Franz Stephan von Lothringen, die Staatstrauer ausgerufen wurde. Nun erklingt „La Corona“ in Perchtoldsdorf, Glucks ehemaliger Sommerresidenz, mit 256 Jahren Verspätung.
Es folgt Bendas 1779 komponiertes Melodram „Philon und Theone“, dessen Manuskript Bienert in der Österreichischen Nationalbibliothek fand. Nach den erfolgreichen Benda-Premieren des TEATRO BAROCCO, die den Melodramen „Ariadne auf Naxos“, „Medea“ und „Pygmalion“ galten, war der Intendant auf der Suche nach einem weiteren Stück dieser Art. Dass er fündig wurde und noch dazu ein Werk aufspüren konnte, das noch nie gespielt wurde, ist eine kleine Sensation.
Die Benda-Uraufführung ist nun die vierte Präsentation eines Melodrams im historisch-authentischen Regiestil der Mozart-Zeit. Diesen rekonstruiert zu haben, ist Bienerts singuläre Leistung. Seine Ausgangsposition scheint dabei logisch, obwohl sie zuvor ungenutzt blieb: Eine Zeit, die sich für die Revitalisierung des sogenannten „Originalklangs“ begeistert, sollte doch auch für originale Präsentationsformen des Musiktheaters zu interessieren sein. Zumal, wie Bienert nachweisen konnte, es für die theatralische Praxis der Mozart-Zeit genaue bildliche und schriftliche Überlieferungen gibt, wohingegen die musikalische Originalklang-Praxis mehrheitlich auf Vermutungen aufbauen muss. Die diesbezüglichen Errungenschaften des TEATRO BAROCCO haben denn in den vergangenen zehn Jahren auch international Aufsehen erregt. Bienert freut sich, zum runden Geburtstag mit der Wiederentdeckung „einer großartigen, abwechslungsreichen und vielfältigen Komposition voll von verzaubernden Effekten“ aufwarten zu können. Es handelt sich dabei um Bendas letzte Melodramen-Partitur. Warum sie nie gespielt wurde, können wir nach den Erfolgen von „Medea“ oder „Ariadne auf Naxos“ nur spekulieren - jetzt aber sind „Philon und Theone“ da: Ab 12. August live in Perchtoldsdorf.

 

 

Kurier | 14. 05. 2021 | Markus Foschum

„La Corona“ kehrt zurück

TEATRO BAROCCO. Opernrarität und eine Welturaufführung sind zu erleben

 

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256 Jahre ist es her, dass Corona in Schloss Schönbrunn einziehen sollte, doch daraus wurde nichts. Die Rede ist allerdings nicht von einem Urvater der Virus, sondern von „La Corona“, einer OPER des Komponisten Christoph Willibald Gluck. Geschrieben für den Namenstag von Kaiser Franz I. sollıe „Der Siegeskranz“ so die deutsche Übersetzung, von den Kaisertöchtern und vor Marin Theresia im Schloss Schönbrunn aufgeführt werden. Doch der Kaiser starb knapp davor, die Aufführung wurde abgesagt, „La Corona“ geriet in Vergessenheit, erst 200 Jahre später wurde die Oper widerentdeck.
Im heurigen Sommer kann man „La Corona“ erleben. Und zwar im Rahmen des Festivals „TEATRO BAROCCO“, das vom 12. bis 22. August in der Burg Perchtoldsdorf gastiert. „Gluck hat mit La Corona ein Meisterwerk der barocken Opernkunst komponiert. Die Musik verzaubert vom ersten Moment an. Vor allem die großen, gefühlvollen Arien beeindrucken“, schwärmt Intendant und Regisseur Bernd R. Bienert. Bemerkenswert ist auch, dass „La Corona“ ausgerechnet in Perchtoldsdorf aufgeführt wird, wo Gluck vor mehr als 200 Jahren in seinem noch heute erhaltenen Schlösschen Erholung suchte.

Zehn-Jahr-Jubiläum

„Ich freue mich sehr, dass wir unser zehntes Jubiläum mit diesem großartigen Programm feiern dürfen“, sagt Bienert. Neben der Erstaufführung von „La Corona“ steht auch die Welturaufführung von „Philon und Theone“ am Spielplan. Das Stück aus der Feder des von Mozart verehrten böhmischen Komponisten Georg Benda teilt sich mit „La Corona“ ein Schicksal: Es sollte ebenfalls in Wien aufgeführt werden (1779), wurde aber in letzter Minute abgesagt. Die Original-Partitur hat in der Österreichischen Nationalbibliothek die Zeiten überdauert. „Es ist eine Ehre, einer der bedeutendsten Musiktheaterwerke des 18. Jahrhunderts erstmals zu inszenieren“, betont Bienert.
Die beiden Meisterwerke werden in Kostümen und Bühnenbildern des 18. Jahrhunderts aufgeführt. Bayreuth-Dirigent Christoph U. Meier leitet das Ensemble auf historischen Instrumenten. Alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen werden natürllch eingehalten.
Infos: www.teatrobarocco.at

 

 

Kronen Zeitung | 22. 03. 2021 | KHR

Bienerts TEATRO-BAROCCO-Uraufführungen

Für Kaiser & König

Seine Opern- und Melodramen-Produktionen in Stift Altenburg und im historischen Saal des Casinos Baden waren vor dem Lockdown Riesenerfolge. 2020 musste Bernd Roger Bienert alle Projekt absagen. Jetzt plant er für 2021 - so die Covid-Vorschriften es zulassen - zwei neue Inszenierungen von Benda und Gluck.

 

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Bienert hat ein ungewöhnliches Programm zusammengestellt, das er im Neuen Burgsaal von Perchtoldsdorf (NÖ) zwischen 12. und 22. August 2021 präsentieren möchte. Es sind zwei Raritäten der Musikgeschichte: Georg Anton Bendas Melodram „Philon und Theone“, entstanden 1779 für Friedrich den Großen von Preußen, erlebt nun in Wien seine Welturaufführung, und eine Azione teatrale auf den Text des Hofpoeten Pietro Metastasio, „La Corona“ (Der Siegeskranz), eine Kompostion, die 1765 zum Namenstag des Gatten Kaiserin Maria Theresias, Franz I. Stephan, für Schönbrunn entstand, aber wegen seines Todes des Kaisers nicht zur Uraufführung kam.

Regie und Ausstattung: Bernd Bienert; Christoph U. Meier & Carlo Cimento alternieren am Pult des Teatro-Barocco-Ensembles (auf historischen Instrumenten).
Mit Günther Strahlegger, Theodora Raftis, Elena Sverdiolaité, Indré Pelakauskaité u. a. Bienert: „Uns bleibt nur die Hoffnung, dass wir spielen dürfen!“

Tickets: „La Corona", „Philon und Theone“, 12. bis 22. August. Tel.: (01)86 68 34 00

 

 

Die Presse | 18. 09. 2019 | Wilhelm Sinkovicz

Hier hören wir die Musik mit unseren Augen

Bernd Roger Bienert ist ein theatralisches Multitalent, hat mit Elfriede Jelinek neue Räume erkundet und hört bei Mozart genauer zu als alle Regisseurskollegen

 

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An solchen Kreativköpfen ist das jüngere österreichische Musiktheater nicht allzu reich. Bernd Roger Bienert aber gilt seit fast vier Jahrzehnten als Garant für außergewöhnliche Bühnenerlebnisse, die sich aus einer überbordenden optischen Fantasie speisen. Diese entzündet sich stets an Klängen. Bienert ist zuallererst einmal ein fabelhafter, sensibler Zuhörer. Er startet Lauschangriffe, versucht Altbekanntes zu hören, als wäre es ganz neu.

Die ungewöhnlichen Zugänge, die er auf diese Weise zu Musik jeglicher stilistischer Couleur findet, vermitteln dank seiner theatralischen Bilder dann immer auch dem Zuschauer neue Eindrücke: Seine Premieren werden für den Kenner auch zu
Hörerlebnissen, denn die Bilder führen das Ohr auf ungeahnte akustische Spuren.

Mozarts Musik, schauend „erhört“

So geschehen bei den diversen Mozart-Balletten, die Bienert nach seinen Anfängen in Wien leider nicht in Österreich, sondern auf den Stationen seiner kreativen Ballettkarriere in Holland, Deutschland oder der Schweiz herausgebracht hat. Belesen, wie er ist, hat er nicht nur in der Musik des Komponisten, sondern auch in dessen Briefen manch verwandelbares Material gefunden - etwa den Titel seiner Mozartiaden, „trazoM“.

Ebenso gern verband er sprachliche und musikalische Poesie höchst unterschiedlicher Provenienz zu neuen, mutfimedialen Erlebnissen: Musik des Avantgarde-Pioniers Roman Haubenstock-Ramati etwa mit Wortschöpfungen von Elfriede Jelinek - lang bevor die Dichteıin ihre herausragende Stellung im Bewusstsein ihrer Zeitgenossen eingenommen hatte.

Ein Pionier ist Bernd R. Bienert auch in Sachen historischer Aufführungspraxis. Er hat nie verstanden, warum man mit Versuchen, klingende Realitäten der Bach-, Mozart- oder Schubert-Ära zu rekonstruieren, Schlagzeilen machen konnte, ohne die szenische Seite der Medaille zu beleuchten. Wissen wir von der Musizierpraxis doch lediglich aus schriftlichen Belegen, während wir die Theatergebräuche des 18. und 19. Jahrhunderts ziemlich gut nicht nur aus theoretischen Abhandlungen, sondern auch aus bildlichen Darstellungen ableiten könnten.

Aus diesem Gedanken speist sich Bienerts jüngstes Kind, das „Teatro Barocco“, für dessen Produktionen der Impresario original erhaltene historische Spielorte fand, die bis dato niemand entdeckt hat. Die Aufführungen fördern außerdem auch Schätze aus den Archiven zutage, die von den bedeutendsten Köpfen ihrer Zeit einst viel beachtet wurden, mittlerweile aber der Vergessenheit anheimgefallen sind. Zuletzt konnte Georg Anton Benda neben Haydn bestehen - und man hörte nicht nur, was die Zeitgenossen an dessen „Melodramen“ faszinierte, man konnte es auch sehen: Denn der findige Theatermagier rekonstruierte auch Kulissen und Gebärdensprache der Zeit aus den Quellen. So fügt sich die bisher letzte Facette ins bunte Bienert’sche Künstlerspektrum. Keine Frage, dass er uns auch weiterhin verblüffen wird. (sin)

 

 

Radio Klassik Stephansdom | Rezension | 15. 07. 2019

Wo kann man bei Kerzenschein Operntheater so erleben, wie es im Barock oder zu Mozarts Zeiten wohl aufgeführt worden wäre?

Arabella Fenyves, Interview mit Prinzessin Gabriele von und zu Liechtenstein

In den historischen Räumlichkeiten des Festsaales des Congress Casino Baden präsentiert TEATRO BAROCCO aktuell zwei Werke: Ariadne auf Naxos von Joseph Haydn und Il buon Marito von Georg Anton Benda. Arabella Fenyves besuchte die Premiere und sammelte Eindrücke.

 

Die Sendung anhören:

 

Ö1 | Intermezzo | 14. 07. 2019

Vom Avantgardisten zum Archivar

Bernd R. Bienert zu Gast bei Katharina Menhofer

 

Der äußerst umtriebige und vielseitige Künstler Bernd R. Bienert arbeitet transdisziplinär zwischen den Sparten bildende Kunst, Regie, Text und Architektur, ist Choreograf, Regisseur und Ausstatter und hat seine Karriere als Tänzer an der Wiener Staatsoper und am Nederlands Dans Theater in Den Haag unter Jiri Kylian begonnen, bevor er als Ballettdirektor ans Opernhaus Zürich wechselte. Aufsehen erregende Klassiker-Neudeutungen und choreografische Uraufführungen - in Zusammenarbeit mit Thomas Pernes, Olga Neuwirth, Elfriede Jelinek oder Hans Werner Henze waren seine Spezialität. Schon seit mehreren Jahren beschäftigt sich Bienert mit der Forschung zur Aufführungspraxis im Barocktheater und mit der Umsetzung und Einbindung gestischer Elemente der Gebärdensprache und historischer theatraler Körpergestik in seine Regiearbeiten. 2012 hat er das Opernfestival Teatro Barocco ins Leben gerufen, das historische Opern in Originalinszenierungen zeigt. Heute Abend startet es mit Haydns dramatischer Kantate „Ariadne auf Naxos“ und Georg Anton Bendas „Der gute Ehemann“ im Congress Casino Baden. Über den Mehrwert solcher Aufführungen und seinen eigenen Weg vom Avantgardisten zum Archivar spricht Bernd Bienert mit Katharina Menhofer.

Die Sendung anhören:

 

Kronen Zeitung | 12. 07. 2019 | Karlheinz Roschitz

Der Zauber des Originalen

Congress Casino Baden: Haydn, Benda in Bienerts Regie.

 

„Faszinierend, welche Atmosphäre Originalbühnenbilder der Mozart-Zeit fürs alte Burgtheater haben“: Bernd Roger Bienert, Regisseur, Ex-Ballettchef der Zürcher Oper und früher Tänzer des Staatsopernballetts, schwärmt für historische Opernrekonstruktionen.

Nach seinen brillanten TEATRO BAROCCO-Produktionen von Mozarts , „Hochzeit des Figaro“ und „Così fan tutte“ in Kaiserin Maria Theresias Schlosstheater von Laxenburg und Melodramen wie „Medea“ oder „Lenardo und Blandine“ in der Bibliothek des Stiftes Altenburg konzentriert Bienert sich heuer auf zwei Komponisten, die Mozart sehr schätzte: Von Haydn zeigt er im historischen Theatersaal des Casinos Baden das musikalische Drama „Ariadne auf Naxos“ und von Georg Anton Benda die effektvolle witzige Opera buffa „ll buon marito“ (Der gute Ehemann), die erst kürzlich wiederentdeckt wurde.

„Für beide Produktionen haben wir die originalen Bühnenbilder und Kostüme und die Szenen konstruiert. So wurde etwa das Originalkostüm der Ariadne nach dem von Joseph Hickel gemalten Bild von 1786 geschneidert. Ein Traum in Seide!“ Bienert hat mit seinen historischen Inszenierungen, für die er oft jahrelang in Bibliotheken und historischen Theatern forscht, große Erfolge. Und erntet viel Lob der internationalen Presse. „Man versteht viele Details der Haydn oder Mozart - Opern viel besser, wenn man mil Gebärdensprache und Gestik des 18. Jahrhunderts und der Idee vom Gesamtkunstwerk vertraut ist.“ Was auch Riccardo Muti, einer der besten Kenner dieser Werke, bestätigt.

Die neue Produktion in Baden steht unter der musikalischen Leitung von Aries Caces.

 

Ö1 | Kulturjournal | 11. 07. 2019 | 17:09 Uhr 

Ein Opernerlebnis wie zu Mozarts Zeiten 

 

Wenn man von „Historischer Aufführungspraxis“ spricht, dann ist meistens originalgetreues Musizieren gemeint. Für das Opernfestival "Teatro Barocco", das der Wiener Choreograph, Regisseur und Ausstatter Bernd Roger Bienert vor acht Jahren ins Leben gerufen hat, gilt die "historische Aufführungspraxis" allerdings in einem umfassenden Sinn, also auch für die Inszenierung, das Bühnenbild und die Gestik der Darsteller auf der Bühne. In diesem Sommer präsentiert das Festival Joseph Haydns Kantate „Ariadne auf Naxos“, umrahmt von einer österreichischen Erstaufführung, nämlich Georg Anton Bendas Opera buffa "Der gute Ehemann". Die Premiere ist am Sonntag (14. Juli 2019) im Congress Casino Baden.

Die Sendung anhören:

 

Die Presse - Kulturmagazin | 04. 2019 | Wilhelm Sinkovicz

Was für ein Ehebruch!

Bei TEATRO BAROCCO steht heuer die österreichische Erstaufführung von Georg Anton Bendas „Der gute Ehemann“ auf dem Programm

 

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Auf seinen Erkundungstouren durch die musiktheatralische Vergangenheit hat Bernd Roger Bienert u. a. den Komponisten Georg Anton Benda entdeckt. Der Zeitgenosse Joseph Haydns war einer der findigsten Köpfe des damaligen Opernlebens und trieb mit seinen Erneuerungen die Entwicklung des Musikdramas kräftig voran. Vor allem die Erfindung des sogenannten Melodrams machte Benda zu einem Avantgardisten. Die Einführung von Passagen gesprochenen Dialogs zu musikalischer Untermalung war nach Benda von den deutschsprachigen Bühnen nicht mehr wegzudenken. Die entsprechenden Passagen in Beethovens „Fidelio“ oder Webers „Freischütz“ geben Zeugnis davon ebenso wie spätere Versuche vom „Hänsel und Gretel“-Meister Humperdinck („Königskinder“) oder Richard Strauss oder Arnold Schönberg auf besonders innovative Weise in seinem „Pierrot Lunaire“. Auch Mozart war von Bendas Melodramen fasziniert - allerdings blieb seine auf Bendas Prinzipien aufbauende „Zaide“ Fragment. An der Verehrung für den Kollegen änderte das nichts. Auch die Zeitgenossen, voran der musikverständige Kaiser Joseph II., wussten Georg Anton Bendas theatralische Innovationskraft zu schätzen. Bernd Bienert hat immer wieder Spuren von Bendas Wirken getroffen. Nicht zuletzt ist es auch einer ikonografischen Verwertung eines damals viel gespielten BendaWerks zu verdanken, dass Bienerts Bemühungen um optische Wahrhaftigkeit bei der Rekonstruktion klassischer Spielformen einen kräftigen Ideenschub bekamen. Im Wiener Burgtheater findet sich ein Gemälde, das die einstmals hochverehrte Schauspielerin Katharina Jacquet zeigt Die Aufschrift lautet: „Katherina Jacquet in Bacchus und Ariadne.“ Das, so hat Bienert recherchiert, entspringt einem Irrtum: „Jacquet“, erzählt er, „verstarb im Jänner 1786. Daher ist die Aufschrift unter dem Bild im Burgtheater mit Sicherheit falsch. Das Melodram ‚Bacchus und Ariadne’ wurde von der blinden Schülerin Mozarts, Maria Theresia Paradis, nämlich erst 1790 komponiert Mozart soll es noch gemeinsam mit Paradis vierhändig am Klavier aufgeführt haben und davon begeistert gewesen sein. Erst 1791 wurde das Melodram von Paradis orchestriert. Zum Zeitpunkt der Laxenburger Uraufführung war Katharina Jacquet bereits 15 Jahre tot.“

Bekannte Rollen. Woraus Bienert schließt, dass es sich um eine andere „Ariadne“-Vorstellung handeln muss, die der Porträtist hier verewigt hat. „Ich bin mir sicher“, sagt Bienert, „dass sich die Abbildung im Burgtheater nur auf das ‚Ariadne‘-Melodram von G. A. Benda beziehen kann, das in Gotha 1775 von der Schauspielerin Brandes und zudem in einem Kostüm uraufgeführt worden war, das dem auf dem Gemälde im Burgtheater verblüffend ähnelte. In der Wiener Aufführung des Melodrams ‚Ariadne auf Naxos‘ am alten Wiener Burgtheater hat nachweislich Katharina Jacquet die Ariadne gespielt.“ Katharina und ihre Schwester waren Töchter des Schauspielers und Burgtheaterdirektors der Mozartzeit, Karl Jacquet. „Beide“, erzählt Bienert, „waren am alten Wiener Burgtheater engagiert. In Porträts ihrer bekanntesten Rollen wurden sie für die Burgtheatergalerie von Joseph II. malerisch festgehalten.“ Gemalt hat die Porträts Joseph Hickl im Auftrag des Kaisers. Dass eines der beiden Gemälde Katharina Jacquet in der Rolle der von Theseus verlassenen Ariadne zeigt, ist offenkundig.

Vorbilder der Mozartzeit. Für Bienert stellen solche Funde willkommene Studiengrundlagen für historisch „richtige“ Aufführungen dar. Er kann Dekorationen und Kostüme nach den korrekten Vorlagen anfertigen lassen. Sein Projekt 2019 zeigt uns Georg Anton Bendas seit der Uraufführung kaum mehr gespielte Buffa „Der gute Ehemann (II boun marito)“, eine spritzige Verwechslungskomödie, in der eine geplagte Ehefrau ihrem spätnachts heimkehrenden Ehemann eine erotische Falle stellt – und ihn prompt beim „Ehebruch“ mit der eigenen Frau ertappt. „Bendas kleines Meisterwerk“, erzählt Bienert, „galt noch vor einigen Jahrzehnten als verschollen. Martin Haselböck hat es auf Reisen in einem Archiv entdeckt und in Deutschland in moderner Inszenierung wieder zur Aufführung gebracht. Wir wollen mit TEATRO BAROCCO nun die Österreichische Erstaufführung erstmals in einer Originalinszenierung nach den Vorbildern der Mozartzeit auf die Bühne bringen!“

 

„Ariadne auf Naxos“ & „Der gute Ehemann“
Premiere: 14. Juli 2019, 19.30 Uhr,
14., 20., 27. Juli, 19.30 Uhr,
3., 11., 17. August, 19.30 Uhr,
 
„Presse“-Clubmitglieder erhalten die Karten um 10 Prozent ermäßigt

 

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Tanz.at | 14. 12. 2018 | Barbara Freitag

TEATRO BAROCCO: „Le Nozze di Figaro“ als Stummfilm

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Der österreichische Regisseur und Choreograph Bernd R. Bienert hat bereits einige Opern der Wiener Klassik inszeniert. Er legt nicht nur auf eine historisch informierte Aufführungspraxis mit Originalinstrumenten Wert, sondern wendet auch Szene und Schauspielstil des 18. Jahrhunderts an. 2016 hat er Mozarts „Le Nozze di Figaro“ im Schlosstheater Laxenburg aufgeführt, filmisch festgehalten und daraus einen „Opern-Stummfilm mit Live-Musik“ gemacht.

Seine künstlerische Strategie ist dabei eine Art Reenactement, was weniger „Rekonstruktion“ von etwas unwiederbringlich Vergangenem bedeutet, sondern vielmehr eine diskursive Auseinandersetzung mit einer Kunstform aus gegenwärtiger Sicht.

Besonders interessiert Bienert der gestische Kanon beim Spiel, der in der Zeit Mozarts möglicherweise eine Mischform aus rhetorischem und veristischem Stil war. Das Barocktheater war rhetorisch determiniert und zeichnete sich durch ein stark reglementiertes Spiel aus. Jede gestische Bewegung bedeutete etwas Bestimmtes. Als im Prozess der Aufklärung die „Natur“ ihre Bedeutung änderte, wirkte sich das auch auf das Theaterspiel aus, es wurde „veristischer“. In der Oper könnten rhetorische Gesten schon deshalb zum Einsatz gekommen sein, um den gesungenen Text zu verdeutlichen.

Bienert wollte nun keinen klassischen Opernfilm machen, sondern kreierte mit filmischen Mitteln ein eigenständiges Kunstwerk, einen „auf eine Stunde verdichteten musikalischen Opernführer“, wie er sagt. Da er sich ohnehin historisch orientiert, lag es für ihn nahe, zu ästhetischen Mitteln des Stummfilmes zu greifen. Der frühe Film arbeitete schauspielerisch gesehen auch sehr gestisch. Es entstand ein Schwarzweiß-Film mit schriftlichen Texteinblendungen von „Le Nozze di Figaro“, die Bienert nach der deutschen Übersetzung von Goethes Schwager Vulpius geschrieben hat. Dazu spielt die Pianistin Eliana Morretti am Klavier.

Bienert: „Mich hat keine filmische Dokumentation einer Aufführung interessiert, mit den technisch perfektionierten Mitteln moderner Medien. Ich wollte die Unmittelbarkeit in einige Distanz rücken um den Charakter des Historischen und die zeitliche Entfernung zu wahren“. Es ging ihm mehr um Abstraktion und Verfremdung, denn keine der Komponenten stimmt mit der Aufführung überein: die Sänger singen im Film nicht, es gibt kein Orchester und das Bild, das die Zuschauer bekommen, ist ohne Farbe. „Im Auge des Betrachters werden die einzelnen tragenden Elemente einer dreistündigen Opernaufführung aus analog völlig asynchronen Bestandteilen zusammengesetzt und in eine neue künstlerischen Perspektive eines einstündigen Gesamt-Kunstwerks übertragen“, so Bienert.

Ein klein wenig möchte Bienert mit seinem Werk auch einem anderen, berühmten Opernfilm seine Reverenz erweisen: dem „Rosenkavalier“ von Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss aus dem Jahr 1926.

 

Teatro Barocco „Le Nozze di Figaro“ am 16. Dezember 2018 und 6. Jänner 2019 im Metro Kinokulturhaus

 

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Ö1 - Leporello | 14. 12. 2018 | 7:52 Uhr

Bernd Bienert: Zeitreise im Metro Kino

Der Regisseur Bernd Bienert taucht mit seiner Gruppe Teatro Barocco tief in die Vergangenheit ein. Seine Inszenierungen machen den historischen Kontext, in dem eine Oper entstanden ist, für ein zeitgenössisches Publikum erleb- und greifbar. Die Darstellerinnen bewegen sich im strengen Korsett historischer Gesangs- und Schauspieltechniken; Make-up, Kostüme und Bühnenbild sehen aus wie auf alten Abbildungen, und das Orchester spielt auf historischen Instrumenten. Jetzt geht Bernd Bienert noch einen Schritt weiter. Aus der vielgelobten Inszenierung der Mozart-Oper "Le Nozze die Figaro" des Teatro Barocco entstand ein Film - für all jene, die die Aufführungen im Schloss Laxenburg verpasst haben oder sie erneut sehen wollen. Allerdings - und hier wird Bienerts Liebe zum historisch akkuraten "Re-Enactment" wieder einmal deutlich - handelt es sich um einen Stummfilm. Zu erleben ist diese Zeitreise am kommenden Sonntag und dann wieder am 6. Jänner im Metro Kinokulturhaus in Wien. Gestaltung: Sophie Menasse

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Die Presse | 03. 03. 2018

Eine Zeitreise in die Epoche Maria Theresias

TEATRO BAROCCO 2018. Intendant Bernd R. Bienert belebt im historischen Theatersaal des Congress Casino - Baden mit „L’ isola disabitata“ von Joseph Haydn die originale Aufführungspraxis.

 

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Baden. Bernd R. Bienert ist immer für Überraschungen gut. Wann immer er eine neue Musiktheaterproduktion ankündigt, spitzen Kenner die Ohren: Was wird der Bühnenzauberer diesmal zutage fördern. Die meisten Opernfreunde dürften nicht einmal wissen, dass es einen historischen Theatersaal im Kongress Casino Baden gibt. Den hat Bienert für die jüngste Produktion seines „TEATRO BAROCCO“ ausgewählt. Nach dem Schlosstheater Laxenburg und dem Stift Altenburg nun also ein weiterer historischer Spielraum. Joseph Haydns 1779 entstandene „Isola disabitata“ steht diesmal auf dem Programm, eine Vertonung eines Textes von Hofdichter Pietro Metastasio, dessen Angaben Bienert, wie gewohnt, so weit wie möglich im Detail folgt.

Zu den wichtigsten Grundlagen der Arbeiten Bienerts gehört ja der Versuch, im Gleichklang mit der mittlerweile etablierten Originalklang-Praxis auch die optische Wahrheit zutage zu fördern. In einer Zeit, in der die szenische Umsetzung musiktheatralischer Vorlagen mehr und mehr in die Willkür der Regisseure abdriftet setzt er auf Wiedergewinnung von Authentizität.

Dazu hat er über Jahre Grundlagenforschung in Sachen Ausstattung, Kostümierung aber auch Bewegung und Gebärde betrieben und herausgefunden, dass sich viel mehr über die szenischen Ereignisse einer Aufführung im ausgehenden 18. Jahrhundert aussagen lässt, als wir bisher ahnten.

Im Gespräch erläutert Bienert, dass die Gestik in jener Ära eine eminente Rolle bei der Vermittlung von Text und Gehalt der Libretti gespielt hat. „Es ging darum“, sagt er, „mittels Körpersprache Gesang und Sprache zu untermauern. Denken wir an Rainer Maria Rilke: ,… siehe die letzte Ortschaft der Worte, und höher, … , noch ein letztes Gehöft von Gefühl. Erkennst du’s?’“ Da berühren Schauspiel und Musik eine Region jenseits der Sprache, in der Gesten eingesetzt werden, eine über die direkte Bedeutung des Wortes hinausgehende erklärende Funktion auszuüben.“

Hier endet die Gemeinsamkeit zwischen Bühnen-Gebärde und der Sprache für die Gehörlosen, die, so Bienert „partiell dem wesensverwandt ist, was der Sänger auf der Opernbühne zu tun hat, aber dazu da ist, den Text, der nicht verstanden wird, zu ersetzen. Auf der Bühne jedoch soll bewusst gesetzter Gestik einen gesungenen oder gesprochenen Text visuell ergänzen, untermauern.“

Ein interessantes Phänomen sei, so Bienert weiter, dass man in deutschsprachigen Landen ab einem gewissen Zeitpunkt den natürlichen Zugang zur Schauspielergebärde verloren hätte. „Seit Erfindung des Tonfilms, ist auf unseren Bühnen der sinnvolle Umgang mit Gestik weitgehend abhanden gekommen. Anders als in Italien, wo die Gestik ein selbstverständlicher und charmanter Bestandteil der persönlich-unmittelbaren Mitteilung geblieben ist.“

Weshalb Bienert es auch liebt, für die Einstudierung seines „TEATRO BAROCCO“ mit italienischen Korrepetitoren zu arbeiten: „Das hilft nicht nur für alle Fragen zum Fluss der Rethorik. Es ist auch spannend, die heute bei Italienern noch gebräuchlichen Gesten zu verifizieren, die sehr oft eine lange Tradition aufweisen.“

Opernaufführungen sollen im „TEATRO BAROCCO“ Ursprünglichkeit und Natürlichkeit zurückgewinnen. „Wir müssen“, sagt Bienert, „vom ,Rosenkavalier-Stil’ zum echten, aus der Commedia dell’Arte abgeleiteten Stil der Opera buffa zurückfinden, um einen unverstellten Blick auf andere Wirklichkeiten jener Epoche werfen zu können. Schon Max Reinhardt konstatierte zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Verlust der bis dahin lückenlos tradierten Gestik der Commedia dell’ Arte auf den öffentlichen Märkten Wiens“, weiß Bienert, dem allerdings auch bewusst ist, dass die Kombination aus Körperlichkeit und Sprache auf der Bühne der Mozart-Zeit zwangsläufig zu Überzeichnungen führen musste: „Das hat“, sagt Bienert, „mit dem Licht zu tun. Das Bühnenlicht der damaligen Zeit bestand einzig aus Kerzenbeleuchtung. Gesten und Schminke mussten enorm überzeichnet sein, um bis auf die hinteren Ränge verständlich zu wirken. Das war allgemeine Praxis, wie wir wiederum – ex negativo – aus einem Schreiben von Pietro Metastasio an Kaiserin Maria Theresia wissen, in dem er empfiehlt, die Erzherzoginnen auf der Bühne in Schönbrunn mögen sich als Sänger-Darstellerinnen keinesfalls der ihrem Stand nicht gemäßen, vulgär übertriebene Gestik der normalsterblichen Schauspielerinnen bedienen.“

Das Wissen um historische Zusammenhänge und Gebräuche muss also das Studium von Libretto und Partitur ergänzen, um adäquate Ergebnisse bei der Rekonstruktion einer Opernaufführung der Mozart-Zeit zu erzielen. Der Bühnen und Kostümbildner orientiert sich an „Kupferstichen von Theateraufführungen dieser Epoche, aber auch Werken der Bildhauerei und Malerei“, erläutert Bienert und ergänzt: „Es finden sich auch Lehrbücher zur damals gebräuchlichen Gestik. Und einer der Autoren, Gilbert Austin, verweist explizit auf die bildenden Künste als Quelle des richtigen Ausdrucks.“

Für die mittlerweile legendäre „Figaro“-Rekonstruktion des „TEARTO BAROCCO“ in Schloss Laxenburg konnte Bienert auf diese Weise sogar punktgenau die Standesunterschiede der Figuren herausarbeiten, etwa „die Bewegungsmuster eines einfachen Bauern“ sichtbar machen: „Darüber“, sagt der Intendant, „gibt das Lehrwerk Johann Jakob Engels, ,Ideen zu einer Mimik’ Aufschluss, aber auch das Studium der Abbildungen eines Hieronymus Löschenkohl,“ All das biete Grundlage und Anregung zur „Entwicklung einer persönlichen und individuellen Gestaltung durch die Singschauspieler.“

Und Bienert ergänzt: „Es ist ein bisschen so wie für Musiker, die sich mit historischer Aufführungspraxis beschäftigen. Sie erfahren dabei vieles, können jedoch nicht selbstredend daraus ableiten, inwieweit solche Lehrwerke tatsächlich Beachtung fanden und wie die theoretischen Anweisungen in der Praxis angewendet worden sind.“

Apropos Authentizität: „Zu oft ist nach heutigem Wissensstand nicht einmal der Originalzustand der Partitur mancher Werke am Tag der Uraufführung nachvollziehbar. Bei Opern Joseph Haydns fehlen manchmal Teile des Werks, andererseits sind Arien auf identische Texten mehrfach komponiert worden. Selbst bei einem viel gespielten Stück wie Mozarts ,Figaro’ ist uns nicht bekannt, ob alle zum Uraufführungstermin fertiggestellten Arien damals erklungen sind, und wann genau die erhaltenen Ersatzarien ausgetauscht wurden.“

„Original“ kann also stets nur bedeuten, „Interpretationsspielräume im Sinne des Stils einer Epoche mit den Mitteln dieser Zeit zu ergänzen.“

Was die diesjährige Produktion des „TEATRO BAROCCO“ betrifft, hat sich Bernd Bienert für das Bühnenbild von ganz konkreten Vorbildern inspirieren lassen, um „mit den Mitteln der Zeit“ einen suggestiven Bühnenraum zu gestalten. Die für die „L’isola disabitata“ geforderte, überbordende exotische Vegetation einer einsamen Südseeinsel fand der Intendant barocke Wandgemälde Johann Bergls in einem kaum bekannten Schloss, das einstmals im Besitz der Kaiserin Maria Theresia stand. Diese Fresken wurden für die Dekorationen und Kostümentwürfe zum Vorbild. Bergls Namen ist dank seiner Arbeiten für Schloss Schönbrunn und Stift Melk im Gedächtnis geblieben. In den Bildern, die in Baden nun zum Bühnenbild werden, hatte der Künstler erstmals in einer ganzen Raumflucht sein Konzept einer malerisch Ausgestaltung verwirklichen können.

 

 

Kultur und Wein | 03. 2018

L´ISOLA DISABITATA Haydn-Oper wie zu Fürst Esterházys Zeiten

Großes „Dramma per musica“ auf der unbewohnten Insel

 

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Die beiden Frauen Costanza und deren jüngere Schwester Silvia verbringen ihre Tage aufgrund unglücklicher Umstände auf einer einsamen Insel. Costanza war mit ihrem Gatten Gernando nach Westindien unterwegs, als sie von einem anhaltenden Sturm gezwungen waren, dieses unbewohnte Eiland anzulaufen. Die beiden Damen werden in einer Höhle in Sicherheit gebracht, während Gernando von Piraten entführt wird. Constanza vermeint, von ihrem Gatten verlassen worden zu sein und beginnt, ihren Jammer in einen Stein zu meißeln. Sie nennt in dieser Inschrift ihren Gemahl einen Verräter und appelliert an Fremde, die eventuell hier vorbeikommen, diese Anklage zu lesen. Die heranwachsende Silvia wird hingegen zum Naturmenschen, freundet sich mit einem Reh an und hat keine Ahnung von menschlicher Kultur. Die Zeit vergeht, bis im 13. Jahr Gernando, begleitet von seinem Gefährten Enrico wieder auf die Insel zurückkehrt. Damit setzt auch die Handlung der Oper L´Isola Disabitata ein, die Joseph Haydn nach einem Libretto von Pietro Metastasio komponiert hat.

Es war nicht die erste Vertonung dieses Stoffes, aber eben eine von Joseph Haydn, der sich in Instrumentierung und in seinem Einfallsreichtum bezüglich wunderschöner Melodien keinerlei Zwang anzutun brauchte. Er hatte sowohl in seinem Orchester die entsprechend virtuosen Musiker als auch bei den Solisten ein Best-of seiner Zeit. Was die Musik betraf, gab es für seinen Brotgeber Fürst Nikolaus Esterházy keine sparsame Zurückhaltung. Ort der Uraufführung am 6. Dezember 1779 war das fürstliche Marionettentheater auf Schloss Esterház. Das eigentliche Theater war acht Tage zuvor abgebrannt, was aber weder für Haydn noch für den Fürsten einen Hinderungsgrund darstellte.

Bernd R. Bienert hat dieses Kleinod der Opernliteratur wieder möglichst genauso inszeniert, wie es zu Haydns Zeit aufgeführt wurde. Die Bühnenbeleuchtung erscheint wie von Kerzen geschaffen, die Kulissen den barocken Vorbildern nachempfunden, die Kostüme wie die Vorbilder geschneidert und die Musik wird auf Originalinstrumenten gespielt. Die Gesten der Sänger sind genau so einstudiert, wie sie einst den italienischen Text für die Zuhörer verständlich machen sollten.

Ort des beeindruckenden Erlebnisses ist der historische Theatersaal des Congress Casino – Baden, dessen Ambiente ein solches Unternehmen durchaus erlaubt. Christoph U. Meier leitete vom Hammerklavier aus das Ensemble TEATRO BAROCCO. Costanza ist die stil- und stimmsichere Megan Kahts, die schon etliche Produktionen von Bernd R. Bienert in bewährter Weise bewältigt hat. Sie leidet sehenswert unter der Absenz ihres Gatten und haut verzweifelt mit einem Schwert die Buchstaben in den Felsen. Bei ihrer Arie „Se non piange felice un´infelice“ versteht man, warum die Leute verrückt nach der Musik von Joseph Haydn waren und sind. Die jüngere Schwester Silvia hat mit Misaki Morino einen außerordentlich reizenden Sopran gefunden. Bei „Fra un dolce deliro“, wenn sie eine ihr fremde Verliebtheit in sich entdeckt, möchte man sie am liebsten küssen.

Die Kleine fürchtet sich vor einem Schiff, das sie noch nie gesehen hat und glaubt ein Monster mit Flügeln zu sehen und wickelt dennoch, obwohl sie nicht die geringste Ahnung von Männern hat, mit ungemein natürlichem Charme den bärtigen Enrico (Sreten Manojlović, Bariton) um den Finger. Gernando wird von Hyunduk Kim gesungen, einem hellen, schlanken Tenor, der sich damit wunderbar in dieses Ensemble fügt. Es ist ein Vergnügen, dabei zuzuhören, wie sich zwei liebende Eheleute wieder finden und sich Gernando für sein erzwungenes Fernbleiben quasi mit „Non turbar quand‘io mi lagno“ entschuldigt. Dazu kommt ein Mann wie Enrico, der dem Mädchen Silvia zärtlich beibringt, dass es nicht nur Rehe als Freunde gibt, sondern hinter dem Meer auch eine Welt, von der Silvia bis dato keine Ahnung hatte, und der vor allem Heiratsgedanken hegt: „Prendi d‘amore in pegno, cara, la man di sposo“. Man ist als Zuhörer hingerissen. Wo sonst als bei Bernd R. Bienert und seinem TEATRO BAROCCO wird die Zeit so konsequent und mit so viel musikalischer Professionalität zurückgedreht?!

http://www.kulturundwein.com/teatro-barocco.htm

 

 

ORF NÖ | 11. 03. 2018

TEATRO BAROCCO bringt Haydn-Oper nach Baden

Auf eine unbewohnte Insel entführt Bernd Bienert, künstlerischer Leiter des Festivals TEATRO BAROCCO, ab 22. März im Congress Casino Baden, gezeigt wird die Oper „L’isola disabitata“ von Joseph Haydn.

 

Mit dem Osterfestival in Baden ist nun - nach Stift Altenburg (Bezirk Horn) und Laxenburg (Bezirk Mödling) - ein neuer Aufführungsort für das 2012 von Bienert gegründete Festival erschlossen. TEATRO BAROCCO versteht Musiktheater als „gesamtheitliches Kunst-Erlebnis im Kontext der Authentizität aller beteiligten Kunstformen“ sowie der Akustik und der originalen Optik. Bienert will dazu beitragen, die musikhistorische Tradition Badens als kulturelles Zentrum vor den Toren Wiens - von 1805 bis 1835 war Baden kaiserliche Sommerresidenz der Habsburger - zu beleben.

Eine visuelle Zeitreise in die Epoche Maria Theresia

„L’isola disabitata“ ist Haydns einziges Bühnenwerk nach einem Libretto von Pietro Metastasio und gilt als bedeutende Oper, auch insofern, als sich darin erstmals ausnahmslos vom Orchester begleitete, durchkomponierte Rezitative finden, die unter dem Einfluss der Opernreform Glucks auf sehr persönliche Weise ausgeformt sind. Bienert rekonstruiert in Baden die räumlich-authentische Uraufführungssituation des historischen Marionettentheaters von Schloss Esterháza im Jahr 1779: „Der einstige Badener Kurhaussaal bietet mit seinen räumlichen Dimensionen und mit seiner Akustik ideale Bedingungen für Haydns intimes Opernwerk.“

Die überbordende exotische Vegetation der „einsamen Südseeinsel“ fand sich in historischen Bildquellen des österreichischen Barockmalers Johann Bergl, die nicht nur für die Bühnenbilder, sondern auch für das Kostümbild zum Vorbild wurden. Somit soll die Aufführung auch visuell eine Zeitreise in die Epoche Maria Theresias bieten.

Die musikalische Leitung hat Christoph U. Meier inne, alternierend mit Carlo Benedetto Cimento dirigiert er ein aus internationalen Musikerinnen und Musikern zusammengesetztes Ensemble, das auf historischen Instrumenten spielt. Als Vokalsolisten wirken Megan Kahts, Misaki Morino, Hyunduk Kim und Sreten Manojlovic mit. Die Premiere von „L’isola disabitata“ ist am 22. März, bis 2. April gibt es noch fünf weitere Vorstellungen. Im Sommer kehrt TEATRO BAROCCO nach Baden ins Congress Casino zurück: Diesmal mit Johann Adolf Hasses Oper „Marc Antonio e Cleopatra“ (9. bis 26. August).

http://noe.orf.at/news/stories/2900409/

 

 

KURIER NÖ | 09. 03. 2018

Joseph Haydn zu Gast beim TEATRO BAROCCO in Baden

 

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Klassik. Das Meisterwerk von Joseph Haydn „L’ isola disabitata“ feiert am 22. März im Congress Casino Baden seine Premiere. Bernd R. Bienert, Intendant des Musiktheaterfestivals TEATRO BAROCCO, spezialisierte sich in den letzten Jahren explizit auf die Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und dessen künstlerischem Umfeld.

„L’ isola disabitata“ wird von Kennern als das Meisterwerk Haydns innerhalb der Opernliteratur bezeichnet. Sie gilt als seine modernste und anspruchsvollste Oper. Regisseur und Ausstatter Bernd Bienert rekonstruiert nun in Baden mit seinem TEATRO BAROCCO erstmals die räumlich authentische Uraufführungssituation des historischen Marionettentheaters im Schloss Esterhaza, wo das Stück 1779 seine Uraufführung hatte.

„Der historische, einstige Badener Kurhaussaal bietet uns mit seinen räumlichen Dimensionen und mit seiner Akustik ideale Bedingungen für Haydns intimes Opernwerk“, erklärt Regisseur Bienert. Nach der Premiere wird das Stück noch am 24., 25. und 31. März sowie am 1. und 2. April aufgeführt.

 

 

TEATRO BAROCCO Presseberichte 2017

 

Kronen Zeitung | 10. 06. 2017 | Karlheinz Roschitz

Bienerts TEATRO BAROCCO für Musiktheaterpreis 17 nominiert

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„Originale Texte sichtbar machen“

„Das ist eine ganz besondere Auszeichnung“, strahlt Bernd Roger Bienert. Sein Teatro Barocco wurde nun für die spektakulären Produktionen von Mozarts „Nozze di Figaro“ und Johann Adolph Hasses „Piramo e Tisbe“ für den Österreichischen Musiktheaterpreis 2017 nominiert. Am 25. Juni wird darüber entschieden.

 

Er hatte zuletzt mit seinen Mozart-Inszenierungen von „Nozze di Figaro“ (2016), „Così fan tutte“ (2017) und Johann Adolph Hasses „Piramo e Tisbe“ (2017) im barocken k. k. Hoftheater von Laxenburg Riesenerfolge.
Bienert, lange Jahre Tänzer und Choreograf der Wiener Staatsoper und Ballettdirektor der Zürcher Oper, beschäftigt sich mit Fragen nach dem originalen Aussehen der Opern- und Melodramen-Inszenierungen des 17. und 18. Jahrhunderts an Originalschauplätzen.
So stellte er in die prachtvolle barocke Stiftsbibliothek von Altenburg das „schönste Barocktheater Österreichs“, und zeigte Johann Adolph Hasse, einen einst von Regenten und Fürstenhöfen umworbenen Komponisten in der Originalfassung. So zuletzt mit „Piramo e Tisbe“ (für Kaiserin Maria Theresia) oder Georg Anton Bendas „Ariadne auf Naxos“ (2012).
Bienert geht es bei Mozart, aber auch bei den anderen Meistern, nicht nur um Originalklang und originales Aussehen. „Mozarts genialer Librettist Daponte spricht in seinen Texten oft Dinge aus, die optisch nachvollziehbar sein müssen. In modernen Opernaufführungen gehen viele Anspielungen und Details unter, die Mozart auch komponiert hat. Erst die Gestik des 18. Jahrhunderts, die wir ziemlich genau kennen, macht den Text sichtbar!“

Heuer im Sommer folgt übrigens in Stift Altenburg Mozarts „Bastien und Bastienne“.

 

 

Süddeutsche Zeitung | 22. 03. 2017 | Michael Stallknecht

Alles nur Spiel

Der Regisseur Bernd Roger Bienert belebt die barocke Theaterpraxis wieder.
Im österreichischen Laxenburg gelingt ihm damit Mozarts Oper „Così fan tutte“ rundum überzeugend

 

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Wandelt man durch den gigantischen Park der Schlösser von Laxenburg, dann stößt man irgendwann auf ziemlich verwunschenen Wegen auch auf die Franzensburg. In der Sommerresidenz der Habsburger, eine halbe Stunde Autofahrt von Wien entfernt gelegen, hat sich Kaiser Franz I. ein neogotisches Schloss inklusive Turnierplatz und Rittergrab bauen lassen. Ihre architektonische Herkunft aus der Romantik verleugnet die Mittelalterrekonstruktion dabei durchaus nicht.

Man könnte sagen, dass der Regisseur Bernd Roger Bienert derzeit im Theater der Laxenburger Schlösser etwas Ähnliches tut: Er hat dort eine Aufführung der Oper „Così fan tutte“ rekonstruiert, wie ihr Komponist Wolfgang Amadeus Mozart sie gesehen haben könnte – mit der Betonung auf „könnte“. Die Vorbilder für die Kostüme hat er einer berühmten, in Japan befindlichen Kostümsammlung entnommen, die vorwiegend gemalten Bühnenbilder folgen realen Räumen etwa im Schloss Versailles. Wichtiger aber ist die Gestik, die ebenfalls den Vorbildern der Zeit folgt.

Die Darsteller tun, was im Gegenwartstheater eigentlich streng verpönt ist: Sie illustrieren viele ihrer Worte mit weit nach außen greifenden Gesten. Ist von Tränen die Rede, dann zeichnen die Hände ein Rinnsal unter den Augen. Werden die Götter angerufen, dann recken sie sich zum Himmel. Und wenn „zur Seite“ gesprochen wird, dann halten die Sänger die Hand zu einer Seite an den Mund. Es ist ein radikal antipsychologischer Spielstil, den man allenfalls noch aus gelegentlichen Begegnungen mit der Commedia dell’arte kennt. Seit 2012 schon untersucht Bienert mit seinem Ensemble Teatro Barocco auf diese Weise die Spielpraxis des späteren 18. Jahrhunderts, hat Opern von Mozart, Joseph Haydn und dessen Bruder Michael oder Johann Adolph Hasse erarbeitet.

Allein ist er damit nicht, Experimente dieser Art waren in den vergangenen Jahren immer wieder einmal zu erleben. So inszenierte die belgische Regisseurin Sigrid T’Hooft bereits vor einigen Jahren „Così fan tutte“ ganz ähnlich im historischen Theater des schwedischen Schlosses Drottningholm, im vergangenen Jahr war bei den Göttinger Händel-Festspielen ihre Umsetzung von Georg Friedrich Händels „Imeneo“ zu sehen. Dass Bienert wie T’Hooft ursprünglich vom Tanz kommt, ist wohl kein Zufall. Zehn Jahre lang war er Tänzer an der Wiener Staatsoper, danach Ballettdirektor in Zürich und Saarbrücken. Im Ballett sind nicht nur bis heute Rekonstruktionen älterer Choreografien üblich, auch viele Grundlagen der barocken Bewegungsästhetik haben sich am deutlichsten im klassischen Tanz erhalten.

 

Die Ästhetik des Barocktheaters reicht laut Regisseur Bienert bis zum Stummfilm

 

„Die Ästhetik des Barocktheaters reicht bis zum Stummfilm“, sagt Bienert am Tag nach der Premiere der „Così fan tutte“. Auch im Gespräch ist er ein Mensch, der in der Geschichte buchstäblich zu leben scheint, in rasender Geschwindigkeit von den Straßenverläufen zurzeit Maria Theresias zu den Gewinden historischer Kerzenleuchter übergeht und von Details aus Mozarts Briefen zur Schminkpraxis des Barocktheaters. Dabei hat Bienert auch modernes Schauspiel inszeniert, darunter österreichische Ur- und Erstaufführungen. Aber Irgendwie war da gleichzeitig, wie er sagt, immer „eine detektivische Sehnsucht herauszufinden, wie das Theater damals funktioniert hat“.

Die Quellen dafür fließen reichlich. Mehrere historische Abhandlungen zeigen in genauen Illustrationen, mit welcher Geste man im Barock Liebe, Trauer, Verlegenheit oder Schmerz ausdrücken konnte. Als „Rekonstruktionen“ möchte Bienert seine Inszenierungen dennoch nicht sehen. Er vergleicht seine Arbeit eher mit der schon seit geraumer Zeit etablierten historischen Aufführungspraxis in der Musik. Man arbeite mit den Mitteln der Vergangenheit, aber aus dem Bewusstsein der Gegenwart.

Klar, dass auch bei seiner „Così fan tutte“ das allzu kleine Orchesterchen – die finanziellen Mittel sind nichtgerade von barocker Üppigkeit beim Teatro Barocco – auf historischem Instrumentarium spielt. Bienerts großer Traum ist es, die barocke Bühnenmaschinerie in dem alten Schlosstheater wiederherzustellen, das nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs teilweise ziemlich entstellend wieder hergerichtet und zu einem Konferenzzentrum umgewidmet worden ist.

Dennoch funktioniert diese „Così fan tutte“ auch für Augen der Gegenwart verblüffend gut. Hat man sich an den vergleichsweise großen Spielstil gewöhnt, dann verschiebt er den Blick auf das Stück radikal. Mozart und sein Librettist Lorenzo Da Ponte veranstalten hier ein Menschenexperiment: Zwei Männer prüfen die Treue ihrer Geliebten. Am Ende haben beide Paare die Partner getauscht. Nun erweist sich „Così fan tutte“ auf der Bühne als immer wieder überraschend schwer realisierbares Stück. Im psychologisch verinnerlichenden Spielstil der Gegenwart erscheinen manche Situationen schnell unglaubwürdig, und der Zuschauer fragt sich, warum die Frauen ihre Geliebten in der Verkleidung nicht erkennen.

In Laxenburg löst sich das rasch auf weil die Parameter von „echt“ und „falsch“ von vornherein verschoben sind. Wenn die Männer hier in einem grotesken Fantasiekostüm aus fern- und nahöstlichen Versatzstücken auftauchen, schluckt man die Behauptung so naiv wie im Kasperletheater, wo man sich auch nie fragt, ob das Krokodil wirklich echt ist. Die Konsequenzen reichen bis in die Substanz des Stücks hinein. Denn in „Così fan tutte“ wird in doppeltem Sinne gespielt. Nicht nur spielen die Darsteller Figuren, diese Figuren spielen sich auch gegenseitig etwas vor.

Indem die barocken Spielformen von Beginn an „nur“ Theater sind, wird der Trug allumfassend. Niemand könnte hier noch sagen, ob die Trauer der Frauen über den Abschied der Geliebten echt ist – oder nur gespielt. Wenn Fiordiligi in der großen Arie des ersten Akts mit heroischen Gesten ihre Treue beschwört, dann bleibt offen, ob sie selbst sich diese Gesten glaubt. Damit aber löst sich auch der dem Stück gelegentlich gemachte Vorwurf der Frauenfeindlichkeit in Luft auf. Denn nicht nur die Männer spielen hier mit den Gefühlen der Frauen (und mit ihren eigenen), sondern auch die Frauen von Beginn an mit den Gefühlen der Männer (ebenso wie mit ihren eigenen).

In Bienerts Inszenierung erlebt man das vergleichsweise ausgewogene Geschlechterverhältnis des 18. Jahrhunderts. Frauen und Männer schenken sich nichts, schon gar nicht rasch das Herz, das die oft passiveren Frauenfiguren des 19. Jahrhunderts so offen auf der Zunge tragen werden. Damit wird klar, wie viel mehr dieses Stück mit dem mechanistischen Menschenbild des Barock zu tun hat als mit dem Authentizitätsideal der Gegenwart. Doch hier lässt sich in der Aufführung das Paradox erleben, von dem schon die historische Aufführungspraxis in der Musik lebt: Gerade weil die Macher den Zeitunterschied betonen, erscheint das Spiel quicklebendig.

Bienert begreift „Così fan tutte“ als Opera buffa, als „komisches Singspiel“. Im überzeichneten Spielstil sieht er selbst auch ein humanes Ideal, weil die Darstellung sichtbar nicht auf Perfektion ziele. Die Sänger sind nah im kleinen Schlosstheater, das Licht ist, Kerzenlicht imitierend, schummrig. Wie weit die von Bienert eingesetzten Gesten historisch sind, darüber könnten Puristen sicher streiten. In den Produktionen Sigrid T’Hoofts bleibt das Bewegungsrepertoire deutlich zurückhaltender, setzt mehr auf ballettöse Eleganz. Doch das ist letztlich egal, weil Bienert mit starkem Augenmerk auf dem Komischen sogar die tragischen Seiten des Stücks angeht. Und mit Thomas Elwin steht ein Ferrando auf der Bühne, der mit seiner warmen weichen, immer runden Stimme im zweiten Akt tief in das gebrochene Herz seiner Figur schauen lässt.

Recht behalten am Ende dennoch die komischen Figuren Don Alfonso und Despina, die einen Realismus der Liebe einfordern. Der als Liedsänger bekannte Wolfgang Holzmair trägt die knorrige Lebensweisheit des aufklärerischen Philosophen in jedes Wort. Und die höchst präsente Megan Kahts fegt mit ihrem allfälligen Besen die Trauer von Anfang an fort. Deshalb geht zuletzt sogar der Schluss auf, an dem sich die Paare wieder mit ihren alten Partnern abfinden müssen. Alles ist Spaß auf Erden, sagt er, sogar das Schlimme und Verletzende. Oder, wie das der Regisseur formuliert: Die Botschaft dieser – so der Untertitel des Stücks – „Schule der Liebenden“ sei, „dass man niemand wirklich vertrauen kann, das aber im Grunde auch völlig in Ordnung so ist“.

 

 

Die Presse | 10. 07. 2017

Hier lehrt uns der junge Mozart etwas über Theaterkunst

Stift Altenburg. „Bastien und Bastienne“ und Schuberts „Hochzeitsbraten“, auch szenisch in historischem Gewand: Das Festival TEATRO BAROCCO macht Zeitreisen in Rokoko und Biedermeier – und bietet dabei lehrreiche und vergnügliche Einblicke ins Theater von anno dazumal.

 

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Der zwölfjährige Jesus lehrt im Tempel: Das Gemälde am Ende des prunkvollen Bibliothekssaals im Stift Altenburg stellt den Fluchtpunkt des Bühnenbilds dar – und erinnert daran, dass Mozart im gleichen Alter war, als er „Bastien und Bastienne“ komponiert hat. Das Singspiel, wohl 1768 entstanden und im Wiener Gartenhaus des geheimnisumwitterten Arztes und Wunderheilers Franz Anton Mesmer uraufgeführt, geht auf eine französische Vorlage zurück: In der höchst erfolgreichen Oper „Le devin du village“ (1752) mit Text und Musik von Jean-Jacques Rousseau findet das zankende Schäferpaar Colette und Colin mithilfe des Dorfwahrsagers wieder zusammen; eine populäre Parodie des Stücks lässt die Figuren sogar Dialekt sprechen. In der von Mozart verwendeten deutschen Version kann von solchem Realismus zwar keine Rede mehr sein, am „vermeintlichen Zauberer“ Colas lassen sich zudem Mesmers Züge ausmachen, doch ist die Stoßrichtung dieselbe: Das Schäferdasein wird gefeiert, die Stadt als künstlich abgetan – und genau solche Sujets entzückten damals sowohl bei Hofe als auch im Bürgertum.

So wie Rousseau zurück zur Natur wollte, versucht Bernd Roger Bienert mit seinem Festival TEATRO BAROCCO nicht nur musikalisch, sondern auch szenisch retour zu einer rundum historischen Aufführungspraxis zu finden – und also das auf die Bühne zu bringen, was uns der zwölfjährige Mozart über Theater hätte lehren können. Das heißt für heutige Augen: Kunstvolle Stilisierung regiert Ausstattung, Mimik und Gestik. Zwischen zentralperspektivisch sich verengenden Säulenreihen ragen Baum- und Zaunelemente auf die Bühne, die Kostüme sind den prächtigen Schäferkleidern des 18. Jahrhunderts nachempfunden, Colas tritt dagegen mit derben Stiefeln und Dudelsack auf. Dass praktisch jede Textzeile ihren Widerhall in entsprechendem Händeringen findet, als wäre dies gleichsam als Untertitel nötig, irritiert nur anfangs, dann geht die Verdoppelung in einer logisch anmutenden Gesamtwirkung von historischem Charme auf. Unter Konstantinos Romanos Papazoglou bildet das Solistenoktett des Ensemble Teatro Barocco die geschmeidige Grundlage; auf der Bühne gelingt Megan Kahts als Bastienne die Verbindung von gefühlvollem Gesang, Spiel und szenischem Augenzwinkern am besten. Mit hellem, leichtem Tenor gibt Pablo Cameselle den Bastien und wirkt fast, als wäre er als Putto einem Troger-Fresko entstiegen; witzig, wie er sich vor dem sprachlichen Dadaismus in Colas' Zauberarie ängstigt: „Diggi, daggi, schurry, murry …“ Marcus Pelz rückt als vokal untadeliger Quacksalber routiniert den in Schräglage geratenen Haussegen ins Lot.

Mehr als bloß Zugabe sind dann zwei kürzere Werke. Zunächst mit fröhlicher Attacke Mozarts Divertimento KV 136, wobei Bettina Knett im langsamen Satz auch eine historische Choreografie tanzt, dann gleichsam das Satyrspiel. In Schuberts komischem Terzett „Der Hochzeitsbraten“ D 930, das bald nach seinem Tod den Weg auf die Bühne fand, wildert der Bräutigam für die verängstigte Braut ein Häschen, was den Förster zunächst zum Amtshandeln, dann aber zum Einlenken bringt: historischer Humor, überraschend zeitlos aufbereitet.

 

Jeweils Samstag (20 Uhr) und Sonntag (18 Uhr), bis zum 30. Juli

 

 

Kronen Zeitung | 10. 07. 2017

Stift Altenburg: Bienerts TEATRO BAROCCO
Zauber des Originals

Wieder erliegt das Publikum dem Zauber dieser Inszenierungen: Bernd Roger Bienert zeigt nach Erfolgen mit „Ariadne“, „Medea“ oder „Leonard und Blandine“ mit seinem TEATRO BAROCCO im Stift Altenburg Mozarts „Bastien und Bastienne“ und Schuberts Minioper „Hochzeitsbraten“ sowie ein getanztes Divertimento.

 

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Die „deutsche Operette“ des 12-jährigen Mozart (nach Rousseau; 1768) und Schuberts Minioper (Franz von Schober; 1827) in Terzettform fügen sich perfekt in die elegante Stiftsbibliothek, die Bienert nun nach hinten geöffnet hat.

Wie jedes Mal rekonstruierte Bienert auch für diese Produktion die Kostüme der Mozart- wie der Schubertzeit in mühevoller Kleinarbeit. Bis zum Hut, zum Mieder oder zum Hirtenstab des Mädchens Bastienne stimmen alle Details. Und auch bei der Gestik der Inszenierungen bemüht er sich um „authentisches“ Spiel, wie er es aus Josef Franz von Goetz’ „Regiebuch“ zu „Leonard und Blandine“ kennt.

Bienert führt ein ausgezeichnetes Team: Souverän der Dirigent Romanos Papazoglu am Pult des jugendlich frisch spielenden Teatro Barocco Orchesters. Überzeugend die junge Besetzung für die Liebenden: Megan Kahts als Mozarts Bastienne und Schuberts Terese mit hübschem, schlankem Sopran; und Pablo Cameselle als flatternder Bastien und Bräutigam Theobald. Marcus Pelz ist als Zauberer Colas und Caspar eine kauzige Figur. Das Publikum – darunter auch Kammersängerin Christa Ludwig – applaudierte begeistert.

 

 

Kurier | 10. 07. 2017

Stift Altenburg

Ein Vergnügen mit Mozarts Bastien und TEATRO BAROCCO

 

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Kritik. Wo Bernd R. Bienert draufsteht, ist penible Sorgfalt und gründliche Recherche drinnen. Der Archeget für historisch informierte Aufführungspraxis kümmert sich um alles vom edlen Stoffdesign der Kostüme über kuriose Requisiten bis zu seinem Kernanliegen, der Rekonstruktion des gestischchoreografischen Codes, den es mit Leben zu erfüllen gilt.
Mit seinem TEATRO BAROCCO gestaltet er in der wunderbaren Bibliothek von Stift Altenburg wieder einen bei- spielhaft durchstilisierten Abend, der mit Mozarts Jugendwerk „Bastien und Bastienne“ beginnt.
Die Bühne zeigt perspektivisch auf eine Gartenlandschaft. Die bukolische Szenerie wird durch Weidegatter angedeutet. Die Schäferin Bastienne, die Treulosigkeiten ihres Bastien befürchtet, wendet sich an den Dorfwahrsager Colas um Rat, der dann quasi als Paartherapeut alles wieder ins Lot bringt.
Mit Megan Kahts steht eine Bastienne zur Verfügung, die das historisch fundierte Bewegungsrepertoire perfekt beherrscht und mit einem runden, warmen Sopran erfreut. Der helle Tenor von Pablo Cameselle fügt sich fein dazu.
Marcus Pelz als Colas, der mit Dudelsack auftritt – Mozart imitiert solchen im Orchester –, gibt stimmlich souverän eine Mischung aus Zauberer – mit Blitz, Donner und Orakelbuch – und Beziehungscoach.
Zum Andante aus Mozart’s Divertimento in D (KV hat Kaj Sylegard eine Choreografie nach dem Tanztraktat von Gennaro Magri von 1779 rekonstruiert, mit der Bettina Knett auf eine tanzhistorische Zeitreise entführt.
Abschließend geht es mit einem Zeitsprung zu Schuberts Trio „Der Hochzeitsbraten“. Die Kostümierung wechselt auf Biedermeier. Ein junges Paar wird ertappt, als es einen Hasen als Hochzeitsbraten wildert. Doch angesichts der reizenden Braut ist der Jagdaufseher gesonnen, ein Auge zuzudrücken – vielleicht nicht ganz uneigennützig. Das Aufscheuchen des Hasen mit „gsch, gsch, prr, prr!“ macht Megan Kahts zu einem Kabinettstück.
Die Petitesse endet mit einem witzigen Jodler im Dreivierteltakt. Das kleine Orchester unter Konstantinos Papazoglou bietet ein solides musikalisches Fundament.

Abermals gelingt Bienert eine Produktion von gediegener Ästhetik, ein Schau- und Hörvergnügen.

KURIER-Wertung: ★★★★☆

 

 

Kronen Zeitung | 08. 07. 2017

Stift Altenburg: Heute TEATRO BAROCCO
Spaß mit Bastienne

Bernd Roger Bienert hat mit seinem TEATRO BAROCCO in der Bibliothek des Stiftes Altenburg Furore gemacht: Von seinen Ausgrabungen – „Leonard und Blandine“, „Piramo e Tisbe“, „Medea“ – waren Publikum und – auch internationale – Presse begeistert. Ab heute (8.) zeigt er „Bastien und Bastienne“

 

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Bienert war mit seinem Konzept, möglichst originale Aufführungen der Werke mit originalen Bühnenbildern, historischen Kostümen und authentischem Klang zu bieten, bisher stets sehr erfolgreich.

Nun zeigt er Mozarts „deutsche Operette“ „Bastien und Bastienne“ von 1768 und stellt dem Werk des Zwölfjährigen, Franz Schuberts „Hochzeitsbraten“ von 1827 gegenüber (Uraufführung: Theater in der Josefstadt; Orchesterfassung: 1829).

Er hat dafür ein hervorragendes Sängerteam: Pablo Cameselle singt den Bastien, Megan Kahts die Bastienne und Marcus Pelz den Dorfwahrsager und Zauberer Colas. Am Pult: Romanos Papazoglou.

Die Geschichte von Bastiens & Bastiennes Liebe nach Jean-Jacques Rousseau ist eine Parodie auf die Pariser Gesellschaft, der „Hochzeitsbraten“ auf ein Libretto des Schubert-Freundes Franz von Schober, eine deftige Geschichte um Verliebte und einen Hasenbraten, ein Stück, in dem sogar gejodelt wird. Außerdem wird ein Teil aus Mozarts D-Dur-Divertimento in Gennaro Magris Choreografie (1779) gezeigt. Tanz: Bettina Knett.

 

 

Online Merker | 03. 2017 | Peter Dusek

LAXENBURG bei Wien – Schlosstheater: COSÌ FAN TUTTE im „Teatro Barocco“

Schlosstheater Laxenburg: SO MACHEN’S NICHT ALLE: BRILLANTE „COSI FAN TUTTE“ IM TEATRO BAROCCO

 

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Er ist wirklich ein echter Theater-Zampano, der Leiter des „Teatro Barocco“ und Regisseur einer hochkarätigen „Cosi fan tutte“-Produktion im Barocken Schlosstheater von Laxenburg Bernd Roger Bienert. Er begann als Tänzer der Wiener Staatsoper – neben Rudolf Nurejew. Sattelte dann um auf Regie und Choreographie, war Ballett-Direktor in Zürich und Saarbrücken. Gastierte in den verschiedensten Funktionen rund um den Erdball und entdeckte zuerst in Stift Altenburg und dann in Laxenburg das „Teatro Barocco“-nach Bühnenbilder-Vorlagen und Kostümen aus der Barockzeit, als das Rampenlicht noch bestimmend war. Nun: bis 19.März 2017 kann man sich vom hohen Niveau der diesjährigen Mozart-Inszenierung im Stil der Uraufführung selbst überzeugen und ab 8. Juli 2017 gibt es in Stift Altenburg die nächste Mozart-Wieder-„Erweckung“ mit „Bastien und Bastienne“ .

Nun also zur aktuellen Serie, die man mit der Überschrift „Neuer, frischer Wein in alten Schläuchen“ betiteln könnte. Junge Musiker im Orchester, die in kleiner Besetzung auf alten Instrumenten spielen. Also ein Horn, ein Fagott, eine Querflöte etc. Dazu ein junges Ensemble auf der Bühne, durchwegs Super-Talente und dann mit Juliette Mars von der Wiener Staatsoper als Dorabella und Wolfgang Holzmair, der einst als Harlekin in Ariadne debütierte und dann in der „Weissen Rose“ reüssierte und sich nun von der Bühne verabschieden will.

Auch der Dirigent hat ein Naheverhältnis zum Haus am Ring: David Aronson war von 1991 – 2015 Solokorrepetitor der Staatsoper, seither arbeitet er als „freier“ Dirigent. Mit der Laxenburger „Cosi fan tutte“ gibt er jedenfalls eine starke Empfehlung ab. Er führt mit behutsamer Hand die kammermusikalisch geführten Rezitative und Arien und entwickelt daraus die Ensembles so stringent, so transparent und brillant, dass man nur summieren kann: So machen’s nicht alle! Das Ensemble ist sehr homogen, dennoch ragt die Interpretin der Despina – die Südafrikanerin Megan Khats – besonders hervor. Sie punktet mit ihren Arien ebenso wie in den Verkleidungs-Szenen als Arzt und Notar. Mit erotischem Charme und vokaler Souveränität erspielt sie sich die Schlüssel-Rolle in diesem fröhlich-tiefgründigen Stück über Liebe, Eifersucht und Partnertausch, an dem die Männer ebenso beteiligt sind wie die Frauen. Von den beiden „Testpersonen“ fängt die Französin Juliette Mars als Dorabella früher Feuer. Sie ist großartig und erinnert an eine Christa Ludwig in Bestform. Nicht ganz so souverän ist Fiordiligi , die US-Amerikanerin Anne Wieben. Sie meistert insgesamt die extremen Lagen ihrer Rolle souverän und kommt vor allem mit den Alt-Koloraturen gut zurecht. Nur in der extremen Höhe bekommt ihre Stimme einen gewissen „Klirr-Faktor“, an dem sie technisch arbeiten sollte.

Ohne Einwand kommen die 3 Männer „davon“. Vor allem der Ferrando des Briten Thomas Elwin beeindruckt sowohl in seinen lyrischen Passagen („Un’ aura amorosa“) wie in den dramatischen Passagen – etwa wenn er das „Schwachwerden“ von Dorabella entdeckt. Tadellos auch der fesche Guglielmo aus Österreich – Christian Kotsis: ein Sänger mit angenehmen Timbre, erfrischendem Spiel. Vielleicht muss er sich für größere Häuser noch entwickeln. Für Laxenburg reicht es in der Tat! Wunderbar auch der offizielle Drahtzieher Don Alfonso in Person von Wolfgang Holzmair. Ein verschmitzer, „weiser“ Komiker, der an die Comedia dell’ arte-Spielweise erinnert. Köstlich! Zu erwähnen ist ein junger Mini-Chor, der auch als Dienstpersonal für die Szenen-Wechsel fungierte. Alles in allem: eine gelungene, geradezu tänzerische Wiedergabe eines Meisterwerkes mit alten Kulissen, wenig Licht und viel musikalischem „Drive“.

Hut ab vor dem Nachfahren von La Roche – Bernd Roger Bienert!

 

 

Kurier | 11. 03. 2017

Wie Mozarts schöne „Cosi“ einst ausgesehen und geklungen haben könnte

 

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Kritik. Wenn sogar das Schokoladeservice auf der Bühne ein Lobmeyr-Original ist, dann ist wohl Bernd R. Bienert mit seinem Teatro Barocco am Werk. Akribisch rekonstruiert Österreichs Chefideologe einer historisch informierten Aufführungspraxis Bühnenbilder, Kostüme, Lichtverhältnisse und gestischen Kanon des 18. Jahrhunderts, um im Laxenburger Schlosstheater Mozarts "Cosi fan tutte" so zu realisieren, wie das Werk 1790 dort gewirkt haben könnte wäre nicht die sommerliche Opernsaison wegen des Todes Josephs II. ausgefallen. Auch das klein besetzte Orchester ist dem Originalklang (mit all seinen Tücken) verpflichtet, die Instrumentalisten lassen solistische Qualitäten hören, David Aronson dirigiert vom Hammerklavier aus ebenso routiniert wie inspirierend.

Das Kraftzentrum der Aufführung ist der Don Alfonso von Wolfgang Holzmair mit kernigem, auch jenseits der 60 tadellos intaktem Material – kein souverän lächelnder Philosoph, sondern ein Fanatiker der Desillusionierung, der seinen Opfern (Ferrando: Thomas Elwin, Guglielmo: Christian Kotsis – beide sehr jung und vielversprechend) den Glauben an unwandelbare Treue schon austreiben wird.

Seiner Komplizin Despina leiht Megan Kahts ihren flexiblen, warmen Sopran sowie unglaubliche choreographische Wendigkeit; auch kleine Obszönitäten serviert sie charmant und graziös. Ihre Herrinnen modellieren das tradierte Bewegungsrepertoire individuell: Anne Wieben (Fiordiligi) gibt mit großer Stimme und großen Gesten die Heroine, Juliette Mars (Dorabella) mit sattem Mezzo die nervenschwächere Schwester, deren Aufgeregtheit sich schon einmal bis zur Schnappatmung steigern kann. Eine wunderbar homogene Ensembleleistung!

KURIER-Wertung: ★★★★☆

 

 

Die Presse – Print-Ausgabe | 11. 03. 2017 | Theresa Selzer

Schlosstheater Laxenburg: Così fan tutte? Nein, nicht alle!

In der zweiten Saison des Festivals Teatro Barocco präsentiert Bernd Bienert wieder einen Mozart-Klassiker im neuen alten Gewand.

 

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Aufgrund des überraschenden Todes von Kaiser Josef II. kurz nach der Uraufführung im alten Wiener Burgtheater gelangte „Così fan tutte“, anders als „Le nozze di Figaro“, zu Mozarts Lebzeiten in Laxenburg nicht mehr zur Aufführung. Heute führt das Teatro Barocco dort konsequent weiter, was durch die mittlerweile zum State of the Art gewordene historische Aufführungspraxis in Gang gesetzt wurde.

Im Gegensatz zur Originalklangbewegung, deren Beweislage nicht immer einfach und eindeutig ist, passt Bienert die Bewegungsregie den vielen erhaltenen Bildquellen von Theateraufführungen der Entstehungszeit an. Von der schummrigen, nur von der Seite und von unten kommenden Bühnenbeleuchtung über die rasch nach den Seiten beweglichen, zweidimensionalen Bühnenelemente bis zum historischen Korsett aus der Sammlung Tostmann: Wo möglich und logisch, wird auf modernes Theaterequipment verzichtet, um sich den Vorstellungen aus alten Zeiten anzunähern. Und während andernorts szenische Freiheiten voll ausgekostet werden, hält es Bienert wohl mit Goethes Vers aus „Natur und Kunst“: „In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister.“

Der Anspruch, das Musiktheater ein Stück näher an die Aufführungspraxis des 18. Jahrhunderts zu bringen, bedeutet auch genaue Arbeit mit den Originalpartituren. Jede Anmerkung wurde hier wörtlich genommen. Da Mozart in seiner Partitur genau bezeichnete, wann ein Sänger die Bühne zu betreten und wann er sie wieder zu verlassen hat, herrschte auch kein Zweifel, welche Arien coram publico zu singen sind und welche tatsächlich Monologe sind.
Gewöhnen muss man sich daran, dass besonders im vorderen Teil der Bühne die Schatten der von unten kommenden Lichter die stark geschminkten Gesichter schauriger und maskenhafter aussehen lassen als auf anderen Opernbühnen. Die schlechtere Sichtbarkeit wird durch die ausdrucksstarke Gestik der Sänger kompensiert. Obwohl es selbstverständlich weder Über- noch Untertitel gibt, wird die Handlung in der Verschränkung mit Mozarts eindeutiger Musiksprache dank ausladender und symbolischer Bewegungen verständlich.

Temperamentvoll: Megan Kahts

Vor allem Megan Kahts trug mit ihrem Theatertemperament als Despina, aber auch mit deren näselnd-quäkenden Interpretationen des Wunderheilers (nach Vorbild des Wiener Arztes und Magnetisierers Franz Anton Mesmer) und des Notars zur mitreißenden Komik des Abends bei. Ihren altersweisen Gegenpart Don Alfonso ließ Wolfgang Holzmair als enthusiastischen Fädenzieher auftreten, der sichtlich den komödiantischen Fortgang der von ihm initiierten Treueprobe genoss. Weniger stimmig: Anne Wiebens Fiordiligi, die sich charakterlich zu wenig von der grundverschiedenen Schwester Dorabella (Guglielmo Christian Kotsis hat leichtes Spiel, Juliette Mars zu erobern) abhob. Dadurch war die später zögernde Haltung der Fiordiligi gegenüber Ferrando (Thomas Elwin) schwer nachzuvollziehen, kokettierte sie doch zuvor noch übertrieben leichtfüßig mit ihrem Verehrer.

In der Intimität des ehemaligen Hoftheaters blieben dem Publikum kein Ton und keine Regung verborgen. (Auch nicht der hartnäckige Schnarcher in der vierten Reihe.) So empfindet man auch die aus heutiger Sicht wohl drastisch reduziert zu nennende Orchesterbesetzung als völlig ausreichend: Jede Stimme ist nur einfach vertreten, und so zählte man samt Dirigent David Aronson am Hammerklavier lediglich zwölf Musiker. Daraus folgte, dass einerseits kleinere Fehler nicht kaschiert werden konnten, andererseits die einzelnen Instrumente mit ihren Klangfarben viel deutlicher heraustreten durften. Gelungen waren die Verzierungen der Oboe in der Ouvertüre, kernig trat die erste Violine hervor, und Aronson begleitete in den Rezitativen achtsam, ganz in Korrepetitormanier.
Kurzum: So wie das Teatro Barocco machen's nicht alle. Der Anspruch, möglichst authentische Theaterbedingungen zu schaffen, die gewissenhaft recherchierten Fakten und die aufwendige Liebe zum Detail machen diese Produktion besonders wertvoll.

 

Weitere Termine: 11., 12., 14., 16., 18. und 19. März

 

ZUM ORT
Der Schlosspark Laxenburg stammt aus dem 13. Jahrhundert, im 14. kam er an die Habsburger. Unter Leopold I. (1640–1705) wurde das Jagdschloss renoviert und barockisiert. Das Neue Schloss (Blauer Hof) kam erst 1762 in den Besitz Maria Theresias, Hofarchitekt Nikolaus Pacassi errichtete den Speisesaaltrakt und das Schlosstheater, wo 1786 Mozarts „Le nozze di Figaro“ erstmals außerhalb von Wien aufgeführt wurde. Heute wird es vor allem als Konferenzzentrum des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) genutzt.

 

 

Kronen Zeitung | 11. 03. 2017 | Karlheinz Roschitz

Schlosstheater Laxenburg: Mozarts „Così“; szenische Rekonstruktion: B. Bienert

In der zweiten Saison des Festivals Teatro Barocco präsentiert Bernd Bienert wieder einen Mozart-Klassiker im neuen alten Gewand.

 

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Ein Abend und eine Opernproduktion, die eigenartigen Zauber ausstrahlt: Bernd Roger Bienert inszenierte für Kaiserin Maria Theresias Schlosstheater in Laxenburg Mozarts „Così fan tutte“. Eine bezaubernde, kluge, um Authentizität in Gesang, Musizieren, Regie und Ausstattung bemühte Aufführung. Und: unverwechselbar!

Vergessen Sie landläufige „Così“-Aufführungen in große Opernhäusern und bei Festspielen, vor allem jene, die wie einst bei den Salzburger Festspielen in einem modernen Herrenpissoir begannen. Bienert hat sich und Wissenschafter jahrelang bemüht, herauszufinden, wie „Così“ anno 1790 im k.k. Hofburgtheater ausgesehen und geklungen haben mag. „Così“ sollte dann auf Wunsch Kaiser Josefs II. nach Laxenburg übersiedeln. Doch der Kaiser starb.

Bienert inszeniert ein „komisches Singspiel“, das Weisheiten, Bosheiten und erotische Anspielungen Mozarts und Dapontes perfekt bedient. Ein turbulentes Verkleidungs- und Verführungsspiel im diskret milden Theaterlicht des 18. Jahrhunderts, mit ebenso sparsam eleganten Rekonstruktionen der alten Bilder.

Musikalisch gerät hier dank David Aronson am Cembalo, der’s bei Riccardo Muti gelernt hat alles frisch prickelnd, aber intim, mit diskretem Charme. Und die Führung des Sängerensembles fügt sich perfekt in diesen Rahmen. Sie alle gefallen: Thomas Elwin als Ferrando mit edlem Tenorschmelz, Christian Kotsis als komödiantischer Guilelmo, Anne Wieben als strahlende Fiordiligi nur die große Arie im 2. Akt ist nicht restlos perfekt , Juliette Mars als flatternde Dorabella. Besonders eindrucksvoll: Wolfgang Holzmair als philosophierender Drahtzieher und die hinreißende Megan Kahts als frech kapriziöse Despina.

 

Wenn Sie wissen wollen, wie Mozart 1790 aussah hingehen, anschauen!

 

 

tanzschrift.at | 03. 2017 | Barbara Freitag

TEATRO BAROCCO: „COSI FAN TUTTE“ IN LAXENBURG

In der zweiten Saison des Festivals Teatro Barocco präsentiert Bernd Bienert wieder einen Mozart-Klassiker im neuen alten Gewand.

 

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Regisseur Bernd R. Bienert ist Spezialist für historisch informierte Schauspielpraxis im Musiktheater des 18. Jahrhunderts. Die längst etablierte Originalklangbewegung ergänzt er um eine historisierende, gestische Spielweise der Sänger-Darsteller, so wie sie damals gewesen sein könnte. Mit kleinem Orchester unter der feinsinnigen Leitung von David Aronson am Hammerklavier und einem wunderbaren Ensemble gelang dem Teatro Barocco im Schlosstheater Laxenburg, W.A. Mozarts „Cosi fan tutte“ zum Theatererlebnis werden zu lassen, das alles andere als akademisch-rekonstruierend herüber kommt.

Im Gegenteil – und das ist das Erstaunliche – diese autotextuelle Inszenierungsart ist erfrischend und vitalisierend, was man von vielen anderen nicht behaupten kann. Eher gibt es bei all den diegetischen Modernisierungen, welche die Handlung einmal ins Gefängnis und ein anderes Mal in den Weltraum verlegen mögen, einen Gewöhnungseffekt bis zur Langeweile. Immer wieder erstaunlich, was man alles aus einem Libretto herauszulesen vermag, um dem bestehenden Aktualisierungs-Zwang im gegenwärtigen Opernbetrieb Genüge zu tun. Doch wird das Werk mittels Regiekniffen wirklich aktueller?

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Und noch etwas stimmt in den meisten Inszenierungen nicht: die Körpersprache. Schlimm ist, wenn gar nicht gespielt, sondern nur regungslos gesungen wird. Ebenso schlimm ist es aber, wenn kein besonderer Wert gelegt wird auf die Bewegung der Sänger, und diese sich vorgeblich „natürlich“ verhalten, als ob es nur so und nicht anders sein könnte. Unter der Voraussetzung jedoch, dass Körperkonzepte in der Geschichte einem steten Wechsel unterlegen sind, lässt sich folgern, dass jede Zeit ihre eigene Bewegungsform hervorgebracht hat. Naturgemäß wissen wir wenig über Körper in Bewegung vor der Ära bildgebender Medien, doch es gibt schon einige wissenschaftliche Quellen, die gewisse Vorstellungen ermöglichen. Nichtsdestotrotz kann man nie sicher sein, wie irgendetwas wirklich war, oder ob es nur so war und nicht auch gleichzeitig ganz anders.

Nun sollen diese Hinweise nicht bedeuten, dass man ständig die historische Quellenlage überprüfen soll, um eine Inszenierung zu entwickeln. Theater-Kunst machen heißt ja auch spielen, verfremden, in Frage stellen, experimentieren, erneuern. Aber abgesehen davon, dass die historisch informierte Aufführungspraxis in der Musik nicht nur den Klang, sondern auch das Schauspielen betrifft, geht ein Ansatz wie jener von Bienert über ein rekonstruierendes Moment weit hinaus. Man würde ihm nicht gerecht mit der Unterstellung, historisierendes Theater machen zu wollen.

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Bienert möchte Mozart so spielen, dass man Libretto und Musik versteht, und das macht vor allem bei den Da Ponte-Opern Sinn. Im Vorjahr ist es ihm gelungen, das Schlosstheater Laxenburg mit „Le Nozze di Figaro“ zu bespielen, wo es anno dazumal bereits Maria Theresia gesehen hat. Bei „Cosi fan tutte“ ist das Setting ähnlich. Die dunkle Kulissenbühne wird von kerzenartigem Licht beleuchtet, und in spätbarocker Kleidung samt Schminke und Perücken agieren die allesamt guten Sänger in rhetorischem Stil mittels Gestik, die das Gesagte/Gesungene nicht verdoppelt, sondern tatsächlich verdeutlicht. Das ist beim Gesang nicht gerade ein Fehler, denn wie oft versteht man die Worte nicht, auch wenn man der Sprache mächtig ist.

Aber das Schauspiel ist mehr als rhetorisch, und darin liegt wahrscheinlich Bienerts Erfolgsrezept. Auch andere Regisseure könnten sich in solchen Inszenierungen erproben, aber Bienert ist auch als Tänzer und Choreograf erfahren und versteht daher die Sprache des Körpers noch einmal so gut einzusetzen. So wirken Gesang, Text, Gestik und Bewegung einheitlich, beinahe wie Tanz. Das ist ein schön anzuschauendes Ereignis, das dank der kongenialen und engagierten Musiker, die auf historischen Instrumenten in Minimalbesetzung zu zwölft spielten, zum richtig mitreißenden Vergnügen wird (Wolfgang Holzmair als Don Alfonso, Juliette Mars als Dorabella, Anne Wieben als Fiordiligi, Thomas Elwin als Ferrando, Christian Kotsis als Guilelmo und die wunderbar komödiantische Megan Kahts als Despina).
Faszinierend an diesem Opernabend der Mozart/Da Ponteschen Liebesverwirrungen ist, dass trotz aller inszenatorischen Leihgaben aus der Geschichte nichts als museal wahrgenommen wird. Zu sehen ist ein Stück Gegenwartstheater, denn es sind heutige Sänger und Musiker mit heutigen Körpern, die da agieren. Wer sich an solchen rekonstruierenden Verfahren stören möge, stelle sich vielleicht lieber die Frage, was es über unsere Kultur aussagen mag, dass wir so eine Sehnsucht nach Musik und Spiel vergangener Jahrhunderte haben?

 

Teatro Barocco: Cosi fan tutte von W. A. Mozart, Regie, Konzept, Bühne, Kostüme: Bernd R. Bienert, Musikalische Leitung und Hammerklavier: David Aronson, Ensemble Teatro Barocco – Schlosstheater Laxenburg. Premiere: 9. März 2017.
Nächste Vorstellungen: 12., 18.,19.3. 2017 (16.00 Uhr) und 14.,16.3. 2017 (18.00 Uhr).

 

http://www.tanzschrift.at/buehne/kritisch-gesehen/509-teatro-barocco-cosi-fan-tutte-in-laxenburg

 

 

Der Standard | 10. 03. 2017 | Stefan Ender

Das TEATRO BAROCCO zeigt Mozarts Oper im Schlosstheater Laxenburg

 

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Wien – Die Vergangenheit, sie ist uns ein Schatz und zum Teil auch ein Rätsel: ein Rätsel, an dessen Entschlüsselung die Originalklangbewegung seit Jahrzehnten mit Akribie arbeitet. Auf dem Gebiet der Oper ist seit kurzem auch die möglichst detailgetreue Wiederherstellung der szenischen Vergangenheit in Mode gekommen, dankenswerterweise hat sich hierzulande Bernd R. Bienert mit seinem Teatro Barocco dieses Aufgabengebietes angenommen.

Der ehemalige Choreograf zeigt Mozarts Così fan tutte an einem Ort, an dem es zu Mozarts Lebzeiten wahrscheinlich zu sehen gewesen wäre, wenn Josef II. denn nicht im Winter 1790 dahingeschieden wäre: dem Schlosstheater Laxenburg. Man sieht also kuscheliges, kerzenscheinähnliches Licht, man sieht gemalte, sich zentralperspektivisch verjüngende Kulissen und luxuriöse Kostüme (alles: Bernd R. Bienert). Die Damen unterhalten und erfreuen, wie es damals üblich war, mit einem exaltierten, grenzbizarren, und doch deskriptiven gestischen Repertoire. Im Gehabe der Figuren vermählen sich der grelle Klamauk der Commedia dell'arte und die artifizielle Affektiertheit des Rokoko, oder: Löwingerbühne und klassisches Ballett. Es wird klar ersichtlich, als was Così konzipiert war: als eine amüsante Blödelei. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Der erfahrene David Aronson leitet vom Hammerklavier aus eine elfköpfige Musikergruppe und entfesselt mit ihr sowohl wilde Gefühlsstürme als auch das sanfteste Säuseln der Liebe, er erfrischt mit wilden Accompagnato- und nuancierten Secco-Rezitativen. Ein wundervoller Musiker. Juliette Mars (Dorabella), Anne Wieben (Fiordiligi) und Christian Kotsis (Guilelmo) bieten Spielfreude und solide Sangeskunst, Megan Kahts (Despina) ist speziell als Arzt ein Kracher. Wolfgang Holzmair erlebt man als Don Alfonso gleichsam beim kraftvollen Abgesang einer langen Karriere, Thomas Elwin sieht und hört man als Ferrando am Beginn einer solchen: Er gefällt mit einem kraftvoll-weichen Tenor, der nicht nur viel verspricht, sondern schon einlöst. Begeisterung für ein vierstündiges Hochfest der Theatralik und der orchestralen Lebendigkeit, und auch für eine fesselnde Reise in die Vergangenheit, wie man sie nicht alle Abende erlebt.

 

TEATRO BAROCCO, 11., 12., 18., 19. 3. (16.00), 14., 16. 3. (18.00)

 

Bühne | 03. 2017 | Peter Blaha

TEATRO BAROCCO. Im barocken Theater von Schloss Laxenburg zeigt Intendant Bernd R. Bienert Hasses „Piramo e Tisbe“ und Mozarts „Così fan tutte“
mit Wolfgang Holzmair als Don Alfonso.

 

Ein König tritt ab

WOLFGANG HOLZMAIR verabschiedet sich in Laxenburg als Don Alfonso in Mozarts „Così fan tutte“ von der Opernbühne.

 

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Wann ist der ideale Moment, sich von der Bühne zu verabschieden? Manche Sänger verpassen ihn, bei anderen hingegen ist man überrascht, wenn sie ihren Rückzug bekanntgeben. So etwa bei Wolfgang Holzmair, der 2014 verkündete, Podium und Bühne ade sagen zu wollen. Nicht nur klingt die Stimme des 64-jährigen Oberösterreichers, dessen Aussehen sein Alter ohnehin Lügen straft, nach wie vor intakt. Seinen Interpretationen, die sich immer schon durch Tiefe und eine souveräne Durchdringung von Wort und Musik ausgezeichnet haben, ohne der Natürlichkeit des Vortrags Abbruch zu tun - was etwa Karl Löbl enthusiastische Vergleiche mit Fritz Wunderlich anstellen ließ -, könnten von seinem Erfahrungsschatz noch zusätzlich profitieren. Warum also der Abschied? „Weil ich nicht erleben will, dass man mir nachsagt: Er hat's verpasst. Ich möchte über meinen Rückzug selbst entscheiden können. Ich war 25, als ich erstmals für Geld gesungen habe. Heute dauern Karrieren 20, höchstens 25 Jahre, 30 sind schon eher selten. Ich aber singe bereits seit 39 Jahren.“

Nicht nur die Länge von Wolfgang Holzmairs Karriere ist außergewöhnlich, auch seine Stimmlage. „Ich bin ein hoher Bariton, für den Pelléas in Debussys Pelléas et Mélisande eigentlich der Prototyp. Das ist eine Stimmgattung, die man sich heute als ‚Tenor-Bariton‘ gar nicht mehr zu benennen traut. Johann Michael Vogl, ein Freund Schuberts, war so ein hoher Bariton.“ Durch diese Stimmlage blieb Wolfgang Holzmair in Sachen Repertoire in gewisser Weise eingeschränkt. Der Weg vom Papageno und Guglielmo zum Figaro-Grafen oder zum Don Giovanni, den Baritone für gewöhnlich gehen, blieb ihm verwehrt. „Ich habe mehrere Anfragen, den Figaro-Grafen oder den Don Giovanni zu singen, abgelehnt. Das hat viele Leute überrascht. Doch sind bei Mozart fast alle Bariton-Rollen Bass-Bariton-Partien. Oft hört man, wie sich Sänger mit der Tiefe abmühen. Das wollte ich nicht. Wann immer ich das Gefühl hatte, etwas nicht erfüllen zu können, den Intentionen eines Komponisten nicht gerecht zu werden, ließ ich davon die Finger.“

Trotzdem hat Wolfgang Holzmair ein breites Repertoire mit 60 verschiedenen Partien gesungen, von Jacopo Peris L'Euridice favola drammatica, der ältesten überlieferten Oper überhaupt, bis zu zeitgenössischer Musik. Das Stadttheater in Bern war seine erste Station, wo er in Edgar Kelling einen verständnisvollen Intendanten fand. „Was sich heute kaum ein junger Sänger trauen würde, habe ich damals gemacht, nämlich schon nach zwei Monaten um eine höhere Gage gebeten. Ich habe sie bekommen, außerdem galt mein neuer Vertrag nicht zwei, sondern drei Jahre“ - in denen Wolfgang Holzmair viel, aber niemals etwas über sein Fach gesungen hat. Dadurch blieb seine Stimme gesund, was auch dem Lied zugute kam, das für ihn mindestens ebenso wichtig ist wie die Oper. Schon 1983 spielte er mit Jörg Demus Schuberts Die schöne Müllerin auf Schallplatte ein. Nachdem diese Aufnahme wenige Jahre später auf CD erschienen war, schrieb der einflussreiche Alan Blyth im Gramophone nicht nur eine hymnische Kritik, er empfahl den jungen Sänger auch dem Direktor der Londoner Wigmore Hall, einem Epizentrum anspruchsvollen Liedgesangs. „Obwohl damals ein No-Name hatte ich bei meinem Debüt 1989 einen so großen Erfolg, dass ich in der folgenden Saison gleich für drei weitere Konzerte eingeladen wurde. Insgesamt bin ich 37 Mal in der Wigmore Hall aufgetreten.“ Der Erfolg in London wiederum bewirkte eine Einladung in die Carnegie Hall nach New York. „Dort habe ich eingeschlagen wie eine Bombe“, erzählt Wolfgang Holzmair. „Die New York Times hat mich nach dem Liederabend, der im Jänner stattfand, regelrecht in den Himmel gehoben. Im Jahresrückblick wurde mein Auftritt dann noch als ‚Debüt of the Year‘ gewürdigt.“ Mit solchen Weihen gekrönt, stieg Wolfgang Holzmair zu einem König des Liedgesangs auf. Als solcher reüssierte er auch hierzulande, die große Karriere aber machte er im angelsächsischen Raum, wo man ihn auch als Opernsänger viel stärker wahrnahm. „Ich habe insgesamt 23 Tourneen durch die Vereinigten Staaten unternommen, bin viel gereist, von einer Stadt zur anderen, quer über den Kontinent.“ Den damit verbundenen Strapazen wollte er sich nicht länger aussetzen, was mit ein Grund für seinen Rückzug ist. „Manchmal fragt man sich, woran lässt sich ermessen, dass man Karriere macht? Für mich sind das zweierlei Dinge: Zum einen, man wird erneut eingeladen. Den ersten Auftritt vermittelt der Agent. Nur wenn man damit erfolgreich ist, folgt eine Wiedereinladung. Der zweite Punkt ist, dass man Projekte realisieren kann, die einem am Herzen liegen.“ Diese Möglichkeit hatte Wolfgang Holzmair: Unter den 50 Alben, die er aufnahm, finden sich neben populären Programmen mit Liedern von Schubert, Schumann oder Wolf auch solche mit weniger bekannten Komponisten, wie Benedict Randhartinger, vor allem aber mit Werken ehemals verfemter Komponisten. „Ich habe manches von Zeisl, Franz Mittler, Schreker, Krenek und den so genannten Theresienstädter Komponisten aufgenommen. Es kam mir schon auch darauf an, zum richtigen Zeitpunkt ein politisches Statement abzugeben, ohne mich dabei verbal zu äußern.“

Die Klage über den Propheten, der im eigenen Land nichts gilt, könnte - zumindest was die Oper anlangt - auch Wolfgang Holzmair anstimmen. Er tut es aber nicht, obwohl er an der Wiener Staatsoper nur in der Ära Drese als Harlekin und in Udo Zimmermanns Die weiße Rose aufgetreten ist. Zumindest seinen Abschied als Opernsänger aber feiert Wolfgang Holzmair, der im Unterrichten mittlerweile eine neue Erfüllung gefunden hat, vor den Toren Wiens, im Schlosstheater von Laxenburg. Dort hat Bernd Bienert im Vorjahr Le nozze di Figaro szenisch historisierend höchst erfolgreich auf die Bühne gebracht, heuer lässt er Così fan tutte folgen. „Bernd Bienert fragte mich zunächst für einen Liederabend mit Werken Randhartingers an, zwischen den Così-Terminen. Irgendwie hat mich das gejuckt, und ich fragte ihn, ob er schon einen Don Alfonso hätte, den ich unter William Christie sowie in Toronto gesungen habe. Prompt schrieb er mir zurück, dass ich seine Idealbesetzung wäre, weil er mich als Liedsänger schätze und ihm für Mozart meine Art zu singen genau richtig erscheine. Außerdem habe er auf youtube gesehen, wie ich unterrichte. Genau so stelle er sich den Don Alfonso vor.“ Für Wolfgang Holzmair ist Così fan tutte die perfekte Oper schlechthin, weil die sechs Figuren gleichwertig sind und ein echtes Ensemble bilden. „In der Oper war mir der Ensemble-Gedanke immer wichtig. Selbst wenn ich als Gast irgendwo auftrat, habe ich mich als Teil des Ensembles gesehen.“

Auf seine Karriere blickt Wolfgang Holzmair dankbar zurück. An Partien blieben nur drei Wünsche unerfüllt: Monteverdis Orfeo, der Ramiro in Ravels Spanischer Stunde sowie der Beckmesser in den Meistersingern von Nürnberg, für den er geradezu prädestiniert gewesen wäre. In Bayreuth hat er dafür sogar vorgesungen, weil es Terminprobleme mit einem bereits engagierten Kollegen gab, der dann aber doch alle Vorstellungen übernehmen konnte. In den USA wurde eine geplante Produktion kurzfristig in einen Rosenkavalier abgeändert, mit Wolfgang Holzmair als Faninal. Schade, die Intendanten haben sich dadurch etwas entgehen lassen. Aber vielleicht findet sich noch einer, der rasch handelt, denn auf die Frage, ob er seinen Abschied von der Bühne eines Beckmessers wegen vielleicht doch noch hinauszögern würde, antwortet Wolfgang Holzmair diplomatisch: „Den Fehler begehe ich sicher nicht noch einmal, nämlich zu sagen, ich mache nichts mehr. Wenn es als letztes Puzzlestück passt, warum nicht?“

 

SCHLOSSTHEATER LAXENBURG
Wolfgang Amadeus Mozart
Così fan tutte
Do., 9. März, 18.00 Uhr
Dirigent: David Aronson
Konzept, Regie, Bühnenbild und Kostüme: Bernd R. Bienert
Besetzung: Wolfgang Holzmair (Don Alfonso), Megan Kahts (Despina), Juliette Mars (Dorabella), Anne Wieben (Fiordiligi), Thomas Elwin (Ferrando), Christian Kotsis (Guilelmo)
Sa., 11., So., 12., Sa., 18., So., 19. März, 16.00, Di., 14., Do., 16. März, 18.00 Uhr

 

 

Die Presse - Schaufenster | 03. 02. 2017

TEATRO BAROCCO Schloss Laxenburg

W. A. Mozart: „Così fan tutte“ und J. A. Hasse: „Piramo e Tisbe“ am Originalschauplatz

 

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Mit der Wiedererweckung des 1753 von Maria Theresia in Schloss Laxenburg erbauten Opernhauses hat Teatro Barocco im Februar 2016 Geschichte geschrieben. Österreichs authentisches Mozart-Opernhaus, einstmals kaiserliches Privattheater, wurde mit der Originalinszenierung von Mozarts „Le nozze di Figaro“ dem öffentlichen Bewusstsein und Kulturleben zurückgegeben. Das Schlosstheater von Laxenburg ist der ideale Rahmen für Mozarts Opern sowie für die Werke seiner bedeutenden Zeitgenossen. Ab 9. März 2017 werden nun Mozarts „Così fan tutte“ und J. A. Hasses „Piramo e Tisbe“ – zwei der großartigsten Werke der europäischen Musikgeschichte – in den Inszenierungen von Bernd R. Bienert in rekonstruierten Kostümen und Bühnenbildern der Epoche Mozarts im zauberhaft intimen Rahmen des ehemals kaiserlichen Privattheaters zu erleben sein.

In der Kaiserloge. Dieses außerordentliche Erlebnis sollten sich Musiktheatergourmets nicht entgehen lassen: nur in Laxenburg ist es möglich, erstmals seit rund 250 Jahren die 1770 in Laxenburg gezeigte Meisteroper „Piramo e Tisbe“ – das Hauptwerk von J. A. Hasse – am originalen Aufführungsort von genau jener Loge aus zu verfolgen, von der aus die kaiserliche Familie das Meisterwerk seiner Zeit bestaunen konnte. Maria Theresia ließ Hasse in ihre noch heute erhaltene Kaiserloge rufen, und überreichte ihm dort voll des Lobes einen wertvollen Ring.

Historiengetreu. Bereits zum Markenzeichen von TEATRO BAROCCO sind die wunderbaren historischen Kostüme und Bühnenbilder geworden, die Intendant und Regisseur Bernd R. Bienert an den Gepflogenheiten des 18. Jahrhunderts orientiert. TEATRO BAROCCO hat die Intentionen der Originalklangbewegung um die optischen und szenischen Komponenten erweitert, seine unverkennbare Handschrift lässt die Werke der Mozartzeit wieder so spannend und unterhaltsam aufblühen, wie sie das bei ihrer Uraufführung gewesen sind.

Grosse Stimmen. Ein außerordentliches Sänger-Ensemble bringt die Meisterwerke von Mozart und Hasse auf die Laxenburger Barockbühne, allen voran der international gefeierte österreichische Bariton Wolfgang Holzmair. Er übernimmt die Rolle des Don Alfonso. Als Dorabella wird die von Staatsoper und Volksoper bekannte Juliette Mars zu hören sein, in der Rolle der Despina die Südafrikanerin Megan Kahts. Sie feierte zuletzt mit TEATRO BAROCCO einen Riesenerfolg als Tisbe in Hasses gleichnamiger Oper. Anne Wieben übernimmt die Rolle der Fiordiligi, sie war zuletzt bei TEATRO BAROCCO in Mozarts „Figaro“ als Marcellina zu erleben. Das Ensemble TEATRO BAROCCO musiziert auf Originalinstrumenten, bei „Così fan tutte“ unter der Leitung von David Aronson (Wiener Staatsoper) und bei „Piramo e Tisbe“ unter der Leitung des Barock-Experten Emanuel Schmelzer-Ziringer.

 

Premiere „Così fan tutte“: W. A. Mozart (Wien, 1790): Do., 9. 3.2017 (18 Uhr) weitere Termine: 11., 12., 18. & 19. 3. 2017 (16 Uhr), 14. & 16. 3. 2017 (18 Uhr)
Mit: Wolfgang Holzmair (Don Alfonso), Megan Kahts (Despina), Juliette Mars (Dorabella), Anne Wieben (Fiordiligi), Juan Carlos Petruzziello (Ferrando), Christian Kotsis (Guilelmo), Chorus Alea/Leitung: Matthias Schoberwalter
Premiere „Piramo e Tisbe“: von J. A. Hasse (Wien, 1768): 15. & 17. 3. 2017 (18 Uhr)
Mit: Maria Taytakova (Piramo), Megan Kahts (Tisbe), Peter Widholz (Tisbes Vater)

 

 

 

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