PRESSESPIEGEL
Barbara Rett trifft … TEATRO BAROCCO: Le Nozze di Figaro
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Wie zu Mozarts Zeiten …
Kerzenbeleuchtung, handgemalte Kulissen, Originalinstrumente, historische Kostüme – wenn am 18.Februar „Die Hochzeit des Figaro“ im Schlosstheater von Laxenburg Premiere hat, kann man diese Oper einmal so erleben, wie sie Mozart, Kaiser Josef II. und der Wiener Hof selbst erlebt haben! Denn kurz nach der Uraufführung im alten Burgtheater wollte der Kaiser Mozart's Neuling am 13.Juni 1786 gleich noch einmal in seinem Schlösschen in Laxenburg sehen und so übersiedelte die ganze Produktion dorthin.
Das Schlosstheater von Laxenburg hat Mozart gut gekannt – er hat es 1773 bereits mit seinem Vater Leopold besucht, um von Kaiserin Maria Theresia in einer Audienz empfangen zu werden und ist in den folgenden Jahren dort oft zu Besuch gewesen. Es ist somit die einzige Mozart-Spielstätte der Welt, die Mozart selbst gekannt hat und die bis heute baulich vollkommen unverändert erhalten ist!
„Ich will die Oper nicht ins Heute versetzen, sondern das Publikum ins Gestern“, sagt TEATRO BAROCCO-Chef BERND BIENERT, selbst ausgebildeter Tänzer, erfolgreicher Choreograph und mittlerweile erfolgreicher Intendant in Niederösterreich, wo er alljährlich im Stift Altenburg mit einem jungen Ensemble Perlen der Barockoper der Vergessenheit entreißt – sehr zum Vergnügen des Publikums, denn seine Produktionen sind liebe- und humorvoll, halten sich so eng wie möglich an die historischen Vorbilder und vermitteln durch ein Originalklangorchester mit Hammerklavier neue musikalische Erlebnisse.
Aufführungen von „Le Nozze di Figaro“ im Schlosstheater Laxenburg
Premiere 18. 2., weitere Vorstellungen 20., 21., 25., 27. und 28. Februar 2016
Wiener Zeitung | 20. 02. 2016 | Rainer Elstner
Ernste Lockerheit im Kaiserschloss
Theaterfreunde mögen das Schlosstheater Laxenburg als einen Saal in Erinnerung haben, in dem das Publikum mit dem Rücken zur alten Bühne sitzt, mit dem Blick auf die spätbarocke Kaiserloge. Derzeit ist dort alles anders. Bernd R. Bienert, Intendant des TEATRO BAROCCO (das sonst im Stift Altenburg residiert), hat die Blickrichtung der Zuschauerplätze wieder in Richtung Bühne gedreht.
Nicht Platzoptimierung steht im Vordergrund, sondern historische Aufführungspraxis bis in die Fingerspitzen. Bienert ist ein international erfolgreicher Choreograf, Regisseur und Ausstatter. Er nutzt das Theater in der Sommerresidenz von Kaiserin Maria Theresia für ein interpretatorisches Abenteuer: Mozarts Oper "Le nozze di Figaro" an einem originalen Aufführungsort in möglichst originalgetreuer Wiedergabe. Das bezieht sich nicht nur auf die Orchesterinstrumente, sondern auch auf die Kostüme, das Bühnenbild und das Bewegungsrepertoire der Darsteller. Für die Stoffe der Klei-der wurden gar alte Webtechniken rekonstruiert.
Das Konzept von Regisseur Bienert, den Gesang mit Theatergesten der Mozart-Zeit zu begleiteten, wird von den jungen Darstellern mit ernster Lockerheit umgesetzt. Für heutige Augen mag die ständige Kommentierung des Textes wie ein „Activity“-Spiel für Opernfreunde wirken. Doch einerseits reißt dieser Duktus schnell mit, andererseits dient die nonverbale Kommunikationsebene für manche wohl auch als Substitut für eine Übertitelung, die bei diesem Vorhaben naturgemäß nicht vorhanden ist.
Das Ensemble ist mit viel Fingerspitzengefühl gewählt. Gebhard Heegmann singt den Figaro mit Eleganz, aber nicht in allen Lagen gleich kraftvoll. Gezim Berisha ist ein darstellerisch wie stimmlich agiler Graf Almaviva. Die männlichen Nebenrollen sind überzeugend besetzt: Juan Carlos Petruzziello ist ein markig quengelnder Basilio und ein quaken-der Don Curzio, Florian Pejrimovsky leiht seinen fülligen Bass den Rollen des Bartolo und Antonio.
Rührend und verführend
Stimmlich haben die Damen die Nase vorn: Penelope Makeig strahlt als Barbarina kokette Natürlichkeit aus, Anne Wieben zeichnet als Marcellina den affektierten Gegenpol. Barbara Angermaier trifft – trotz anfänglicher Kurzatmigkeit – mit Cherubinos berühmter Arie „Voi che sapete“ ins Herz. Sarah Marie Krämer lässt als Gräfin ihre Stimme kraft-voll strömen. Megan Kahts belebt die Rolle der Susanna nicht nur musikalisch, sondern vermag im Lauf des Abends ihrer Stimme über alle Register hinweg ein dunkles Timbre beizumischen – rührend und verführend.
Das Orchester des TEATRO BAROCCO spielt auf Originalinstrumenten und in der kleinstmöglichen Besetzung: fünf Streicher, fünf Bläser, ein Paukist. Das mag bei manchem Violin-Crescendo karg klingen, sorgt aber für eine konturscharfe Auffächerung der Partitur. Der erfahrene Operndirigent und Korrepetitor David Aronson leitet vom Hammerklavier aus. Er ist der rechte Mann für dieses Projekt: Mit ruhiger Hand und ohne Exzentrik führt er das hochtalentierte Sängerensemble. Ein Fest für Mozart im akustisch idealen Rahmen.
OPER Le nozze di Figaro Von Wolfgang Amadeus Mozart Schlosstheater Laxenburg Termine bis 28. Februar
Tickets: www.culturall.com
KURIER | 20. 02. 2016 | Barbara Pálffy
LAXENBURG
Ein historischer Mozart, der stets die Spannung zu halten weiß
Kritik. In Laxenburg wird historisches Terrain für Mozarts „Le Nozze di Figaro“ wiedergewonnen, denn Joseph II. hatte sich die Produktion knapp nach der Uraufführung in die Sommerresidenz mitgenommen. Bernd R. Bienert, „Chefarchäologe“ für den szenischen Komplex historisch informierter Aufführungspraxis, nimmt sein Publikum im Schlosstheater wieder auf eine Zeitreise mit.
Das bedeutet ebenso minutiös rekonstruierte Ausstattung wie präzise recherchiertes Bewegungsrepertoire. Raffiniert nützt Bienert diese stilisierte Darbietungsform für die Vermittlung von Sinn. Die sozialen Reibeflächen des Librettos werden scharf konturiert: Die Bauern nähern sich ihrem gräflichen Herren als geduckte Lemuren, der Graf zeigt tiefsten Ekel vor ihnen. Er ist arrogant, hysterisch und geil – brutal zwingt er Susannas Hand an sein Genital.
Junges Ensemble. Das Ensemble ist großteils sehr jung und attraktiv: Gezim Berisha gibt dem Grafen Attacke; Sarah Marie Kramer berührt als Gräfin; Megan Kahts als Susanna agiert graziös mit agilem Sopran, Gebhard Heegmann gibt einen geschmeidigen Figaro.
Barbara Angermaier als Cherubino steigt gleichsam aus einem Gemälde von Watteau und singt hinreißend. Komödiantische Kabinettstücke machen Juan Petruzziello (Don Basilio/Don Curzio) und Florian Pejrimovsky (Bartolo/Antonio) aus ihren Rollen. Die Figur der Marcellina wird durch die attraktive Anne Wieben aufgewertet. Eine Talentprobe liefert Penelope Makeig als Barbarina.
Vom Hammerklavier aus lässt David Aronson das kammermusikalisch besetzte Orchester beträchtliche Klangfülle entfalten und trägt die Sänger behutsam. Ein langer Abend – ohne Striche im letzten Akt – der stets die Spannung hält.
tanzschrift.at | Februar 2016 | Barbara Freitag
http://www.tanzschrift.at (http://www.tanzschrift.at/buehne/kritisch-gesehen/240-le-nozze-di-figaro-in-laxenburg)
LE NOZZE DI FIGARO IN LAXENBURG
Eine derartige Einheit von Stimmen, Körpern und Instrumenten gelingt selten auf einer Opernbühne. Um das zu erreichen, braucht es offenbar gar keiner ausgetüftelten Regiekonzepte mit neuen Interpretationen da und dort, sondern es genügt, sich an die szenischen Anweisungen von Mozarts kongenialem Librettisten, Lorenzo da Ponte, zu halten. Und die richtige Mischung aus theatralem Instinkt, Musikalität und choreographischem Vermögen zu haben. All das trifft auf den gebürtigen Wiener Bernd R. Bienert zu, dem natürlich seine Vergangenheit als Ensemble-Tänzer am Wiener Staatsballett zu Gute kommt, wie auch seine spätere Karriere als Ballettchef und freier Choreograph.
Im Lauf der Jahre trat das Musiktheater in den Vordergrund, und 2012 gründete Bienert das Festival „TEATRO BAROCCO“ im Benediktiner Stift Altenburg, wo ihm die Restaurierung des Saaltheaters gelang. Es ist seither das räumliche Herzstück seiner Erarbeitungen barocker Musikdramen von Mozarts Zeitgenossen. Den Meister selbst implementierte er nun im wieder spielbar gemachten, ehemaligen kaiserlichen Hoftheater in der habsburgischen Sommerresidenz Laxenburg. Ein Ort mit besonderer Aura, denn genau hier fand „Le Nozze“ tatsächlich statt, sogar in der Besetzung der Uraufführung, ganz nach Wunsch von Kaiser Josef II.
Es ist ein relativ kleiner Raum, mit kleiner Bühne, und dieser Größenordnung entsprechend besteht das Orchester aus nur elf Musikern. Die musikalische Leitung hat David Aronson über, der vom Hammerklavier aus dirigiert – präzise, mit Engagement und sichtlicher Freude. Das ist alles gut sichtbar, weil man als Publikum nahe beim Orchester sitzt und die auf historischen Instrumenten gespielte Musik dadurch ganz anders wahrnimmt, intimer und persönlicher.
Anders als üblich ist auch das Geschehen auf der von Kerzenlicht beleuchteten Bühne, was eine besondere Stimmung erzeugt. Das stilisierte Bühnenbild entspricht barocken Standards gemalter Prospekte und Seitenwänden, und auch die Kostüme sind damaligen Kleidern nachempfunden. All das entspricht Bienerts Konzept, einen möglichst authentischen Gestus der Aufführung zu gestalten. Das Entscheidende ist aber das Spiel der Sänger-Darsteller, das komplett anders ist als in den meisten heutigen Inszenierungen mit naturalistischem Gehabe. Es handelt sich hier um einen durchchoreographierten Gestenkanon, den alle Sänger anwenden. Bienert hat diesen in historischen Quellen zur barocken Aufführungspraxis recherchiert und für seine Inszenierung rekonstruiert. Obwohl ein Verfremdungseffekt, entsteht andererseits ein harmonischer und natürlich wirkender Fluss, der die Handlung unterstützt. Noch mehr: Endlich versteht man durch den über den Gesang gelegten gestischen Ausdruck den doch sehr verwirrenden Verlauf im Intrigenspiel der drei Liebespaare, in dessen Zentrum Susanna steht, Figaros Verlobte. Auch ist das Libretto ja stark durchsetzt von erotischen Anspielungen, deren Schärfe in der üblichen Darstellungsweise eher banalisiert wird. Nun kommt das alles durch die Körpersprache klar zu Tage, ohne pantomimisch zu sein.
Das gesangliche Niveau ist insgesamt hoch, auch wenn die Frauen durch die Bank das bessere Material zur Verfügung haben. Besonders Megan Khats als Susanna ist ein Erlebnis, und ebenso Sarah Marie Kramer als Gräfin Almaviva. Auch Anne Wieben als Marcellina überzeugt. Darstellerisch sind jedoch ausnahmslos alle Mitwirkenden hervorragend. Eine tolle Leistung, wie sie alle die körperliche Gestik dermaßen exakt mit dem Gesang vereinbaren. Möglicherweise funktioniert das auch mit Mozarts Musik besonders gut, die ausnahmslos gut zu singen und spielen ist, wie professionelle Sänger oft versichern.
Ein überzeugender, runder Abend, der die vier Stunden Dauer mühelos vergehen lässt. Und demonstriert, wie genussvoll und heutig ein Werk als Ganzes sein kann, das aus einer vergangenen, fremden Welt kommt. Wenn man es fremd lässt und nicht zu Tode modernisiert.
„Le Nozze di Figaro“, Opera buffa in vier Akten von Wolfgang Amadé Mozart, Libretto von Lorenzo da Ponte, Regie, Inszenierung, Bühne, Kostüme: Bernd R. Bienert, Musikalische Leitung und Hammerklavier: David Aronson,nächste Termine: 25. (18 Uhr) , 27. Und 28. Februar (16 Uhr), Schlosstheater Laxenburg, A-2361 Laxenburg, Schloplatz 1, www.teatrobarocco.at
KRONENZEITUNG | 20. Februar 2016 | Karlheinz Roschitz
Laxenburg: Mozart, Bernd Bienert
Figaro kehrt heim
So hat "Figaro" am 3. Juni 1786 ausgesehen, als Kaiser Joseph II. die Uraufführungsproduktion des Hofburgtheaters nach Laxenburg holte. Von Bienert spielerisch kokett, voll Witz und Ironie im Gestus von damals inszeniert und mit streng klassischen Bühnenbildern ausgestattet. Stimmungsvoll die schummerig geheimnisvolle Beleuchtung der Zeit, von sparsamer Eleganz die Rokokokostüme. Optischer Höhepunkt ist der in blaues Mondlicht getauchte Schlosspark, in dem die Verführungskapriolen zauberhaft wirken. Schön, „Figaro“ einmal nicht im Supermarkt, in einer Fünfzigerjahre-Küche oder einer Toilette sehen zu müssen.
Feingefühl für Mozart merkt man auch bei David Aronson am Pult des Teatro-Barocco-Kammerorchesters mit historischen Instrumenten. Jonathan Lyness Kammerfassung passt perfekt in die Akustik des kleinen, feinen Barocktheaters. Aronson sorgt für klanglich homogene Szenen, stimmige Tempi, Leichtigkeit und Eleganz. Temperamentvoll führt er das Ensemble. Mit Freude am Quirligen, die er auf die Sänger überträgt.
Ein solides Ensemble, aus dem Sarah Maria Kramers würdevoll leidende Gräfin, Megan Kahts' kokett turtelnde Susanne und Barbara Angermaiers durch die Liebeswelt flatternder Cherubino besonders gefallen.
Überzeugend: „Almaviva“ Gezim Berisha, Gebhard Heegmanns stimmgewaltiger Figaro, Anne Wieberns Marzellina, Juan Carlos Petruzziellos Basilio, Florian Pejrimovskys Bartolo und Penelope Makeigs Barbarina. Viel Jubel!
Der Standard | 25. 02. 2016 | Ljubiša Tošić
Eine Epoche zu Besuch
Laxenburg – Es gab ihn schon – den Versuch einer szenischen Originalstilbewegung als Pendant zur Originalklangästhetik. Sie wurde vor ein paar Jahren etwa auch bei der Salzburger Mozartwoche erprobt. In Laxenburg jedoch, wo nun Wolfgang Amadeus Mozarts Le nozze di Figaro gezeigt wird, verschmilzt der präzise und an der Zeit der Werkentstehung orientierte Regiestil von Bernd R. Bienert auch mit dem Raum. Und dies im Sinne einer quasi authentischen Wiederbelebung der seinerzeitigen inszenatorischen Vorgänge rund um den Geniestreich.
Kurz nach der Uraufführung des Figaro, im Jahre 1786, wurde die Oper auch im Schlosstheater Laxenburg aufgeführt. Und all die barocke Gestik, all das stilisierte Darstellen von Emotionen im schummrigen Licht ist nun in Form einer charmanten Zeitreise zu erleben. Ja, manch großem Haus wäre so viel Sorgfalt bei der Charakterisierung der Figuren zu wünschen. Hier prallen sie zwischen Rekonstruktionen des seinerzeitigen Bühnenbildes kurzweilig aufeinander.
Solide und schrill
Bei den Stimmen ist Schönes, Solides bis etwas Schrilles zu hören, wobei die Herren kultivierter an die Zeit Mozarts erinnerten. Edel etwa der Figaro von Gebhard Heegmann, solide der Graf von Gezim Berischa. Da konnten – bezüglich jenes leichten und doch so schwer zu erweckenden Mozarttones – Megan Kahts (als Susanna) und Barbara Angermaier (als Cherubino) noch nicht alle Hoffnungen erfüllen.
David Aronson am Pult und am Hammerklavier animiert das auf historischen Instrumenten spielende Ensemble des TEATRO BAROCCO zu durchaus herzhaft-engagierter Spielweise, die mit Fortdauer des Abends an Stringenz gewann. Manch Ton ging zwischendurch effektvoll daneben. Aber das war wohl damals, als das Werk das Licht der habsburgischen Welt erblickte, auch nicht anders.
In jedem Fall bietet Laxenburg als Gesamtkunstwerk ein besonderes Zeit- und Raumerlebnis.
Aufführungen am 27., 28. Februar, 16.00
Die Presse | 22. 02. 2016 | Wilhelm Sinkovicz
Wie Figaro aussah, wissen wir, wie er gesungen hat, nicht
diepresse.com | Kultur | Klassik | 21. 02. 2016
„Presse“-Musikkritiker Wilhelm Sinkovicz bloggt über die wichtigsten Ereignisse der Klassikszene.
Sinkothek live (http://diepresse.com/home/kultur/4573460/Sinkothek-live)
Mozarts Figaro widerfährt ein wenig Gerechtikgeit.
Der im Grunde völlig richtige Gedanke, Oper sei nicht vornehmlich eine Sache für hedonistische Hörer, sondern hätte viel mit Theaterspielen zu tun, treibt hie und da absonderliche Blüten. Was die modischen Inszenierungen betrifft, wollen uns manche Intendanten und viele Rezensenten einreden, nur durch derlei Neudeutungen auf dem Niveau unserer Zeit ließe sich die Gattung Oper auf Dauer am Leben erhalten.
Abgesehen davon, dass ich mich ja nicht zuletzt dank der Beschäftigung mit älteren Meisterwerken aus den Niederungen unserer Zeit auf ein etwas höher gelegenes Niveau zu retten versuche, scheint mir in diesem Gedanken ein grober Irrtum zu liegen.
In aller Regel reduzieren die Regisseure durch ihre Verfremdungsmaßnahmen die Perspektive des Publikums ja etwa auf den Stand ihrer eigenen intellektuellen und seelischen Befindlichkeit. Würden sie weniger ihre eigenen Gedanken umzusetzen versuchen als das, was in Text und Partitur vorzufinden ist, bestünde immerhin die Chance, den Stücken eine gewisse Offenheit zu erhalten – eine Offenheit im Sinne dessen: Wenn sich Fragen stellen, sind es vielleicht die, – um ein Beispiel zu geben – die Lorenzo da Ponte und Wolfgang Amadé Mozart uns gestellt haben; und nicht die, die bei der letzten psychoanalytischen Sitzung von Regisseur X oder Regisseuse Y offen geblieben sind.
Interessanterweise konfrontieren uns ja in Bezug auf musikalische Interpretation seit vielen Jahren die bedeutendsten Musiker mit ihren Forschungen auf dem Sektor des sogenannten Originalklangs. Man versucht so getreulich wie irgend möglich zu rekonstruieren, wie ein Klavierkonzert zu Mozarts Zeit geklungen haben könnte; wie Opernsänger phrasiert und artikuliert haben.
Erstaunlich, dass die Rädelsführer dieser Bewegung, wenn sie denn einmal dazu angehalten waren, eine Oper nach ihrem Gusto zu interpretieren, nie Protest eingelegt haben, wenn auf der Bühne das strikte Gegenteil dessen unternommen wurde, was sie mit ihren darmsaitenbestücken Violinen und kieksenden Naturhörnern im Orchestergraben zu realisieren versuchen. Solange die Susanna ihre Rosenarie möglichst vibratofrei sang, war es egal, ob sie währenddessen in einem Rokoko-Garten in stimmungsvollem Abendlicht auf einer Parkbank saß oder von einer Neonröhre illuminiert, verkehrt herum vom Schnürboden über einer Herrentoilette hing.
In diesem Sinne ist es einen Ausflug nach Laxenburg wert, wo Bernd Bienert mit seinem „Teatro barocco“ einen „Figaro“ realisiert, der sich an erhaltenen Quellen über das theatralische Gesten- und Gebärdenrepertoire der Mozart-Zeit orientiert. Bei (simuliertem) Kerzenschein nimmt sich jeder einzelne Moment aus wie ein lebendig gewordener Kupferstich.
Gespielt wird noch am 25., 27. und 28. Februar. Das Schöne daran: Anders als die Leistungen von Originalklangpionieren lässt sich die Authentizität von Bienerts Arrangements „beweisen“. Bilder von Aufführungen jener Epoche gibt es in Hülle und Fülle, auf die Erfindungen Thomas A. Edisons musste die Menschheit hingegen noch eine Zeitlang warten. Wie mein Kollege Walter Weidringer schrieb, geht es in diesem Fall nicht darum, „jeden Ton auf die Goldwaage zu legen“. Die Optik dieser Produktion sollte man hingegen neugierig taxieren …
DieKleinkunst | 20. 02. 2016 | Gerd Kern
Schlosstheater Laxenburg: Le nozze di figaro
Gleich vorweg: Der Einsatz von Regisseur Bernd R. Bienert und seinem Team hat sich mehr als gelohnt. In akribischer Kleinarbeit wurde das Original dieser Oper ohne jede Streichung auf die Bühne gebracht, wobei auch Kostüme und Bühnenbild dieser Vorgabe entsprechen mussten. Zusätzlich waren die Schauspieler dazu angehalten - wie damals üblich - Musik und Text durch elegante Gesten zu unterstreichen und damit deutlich zu machen. Dadurch fühlte man sich bei dieser Opera buffa, die Charme und Humor ausstrahlt, tatsächlich aus der Gegenwart in das Barock Josephs II. versetzt.
Apropos Joseph II.: Zum Inhalt der Oper muss kaum etwas gesagt werden, denn bis Figaro, der Kammerdiener des Grafen Almaviva „seine“ Susanna heiraten kann, gibt es vor dem Happy End die für diese Zeit typischen Verwechslungen, Verkleidungen und Missverständnisse, für die vor allem der Page Cherubino sorgt. Und er ist es auch, der die Kritik an der Arroganz des Adels trägt – eine Kritik, die Joseph sogar wohlwollend zur Kenntnis nahm. Die Handlung schließt ja an den „Barbier von Sevilla“ an, in der Beaumarchais beißende Kritik an der Ignoranz des Adels geübt hatte. Es ist aber gar nicht einfach, diese Kritik aus „Figaro“ herauszuarbeiten, denn Mozart und sein Librettist Laurenzo da Ponte mussten es ja bei Andeutungen belassen, um mit der Zensur keine Schwierigkeiten zu bekommen. Und gerade dieser Spagat ist Bienert hervorragend gelungen. Ohne am Text auch nur irgendetwas zu ändern, zeigt er die Unterwürfigkeit der Bauern gegenüber dem sie verachtenden Grafen, der überdies nicht davor zurückscheut, seine Machtposition gegenüber Susanne für unverhohlene sexuelle Attacken zu nützen. Diese Umstände werden durch den romantisch-barocken Hintergrund besonders deutlich. Übrigens hatte die Oper in Wien zu Beginn nur eher mäßigen Erfolg, ganz im Gegensatz zu Prag, wo sie auf Anhieb für einige Wochen ausverkauft war.
Damit zum wirklich wunderbaren Ausführungsort, dem barocken Schlosstheater Laxenburg.Tatsächlich gibt es für diese Oper kaum einen geeigneteren Platz, den Maria Theresia durch den Architekten Nikolaus Pacassi erbauen ließ. Joseph II. genoss dann hier im Juni 1786 kurz nach der Premiere am Wiener Burgtheater die Hochzeit des umtriebigen Figaro.
Das Bühnenhaus des Schlosstheaters Laxenburg ist in Relation zu dem eher intimen Zuschauerraum unverhältnimäßig groß und vor allem hoch. Damit konnten die Kulissen eines großen Theaters wie der Wiener Burg 1:1 übernommen werden. Dazu kam, dass hier 1786 ein Orchester in voller Besetzung musizierte und damit noch deutlich weniger Besucher Platz hatten.
Die musikalische Leitung in Laxenburg hatte der routinierte David Aronson übernommen, der im Gegensatz zu 1786 ein nur 11-köpfiges Orchester dirigierte und „nebenbei“ selbst am Hammerklavier tätig war. Erstaunlicherweise schaffte es dieses kleine Ensemble hervorragend, nahezu die gesamte Bandbreite dieser doch recht komplizierten Partitur sehr gefühlvoll und mit einem beeindruckendem Klangspektrum zu vermitteln. Nicht zuletzt dadurch gelang es dieser Aufführung eine lockere und fröhliche Atmosphäre zu schaffen.
Dazu kam, dass hier ein junges Sängerensemble aus unterschiedlichsten Ländern zusammengestellt wurde, das ambitioniert und mit beachtlichem Können ans Werk geht und vor allem hervorragend harmoniert. Man merkt der gesamten Truppe die Freude an dieser Aufführung deutlich an. Herausragend waren Sarah Marie Kramer als stimmgewaltige Gräfin Almaviva, die charmant-elegante Megan Kaths als Susanna, Anne Wieben als Marcellina, Gebhard Heegmannals Figaro und die quirlig-witzige Barbara Angermaier als Cherubino.
Aufführungen gibt es noch am 25., 27. und 28. Februar. Ob diese gelungene Produktion noch einmal aufgenommen wird, ist leider noch nicht klar.
European Cultural News | 21. 02. 2016 | Michaela Preiner
www.european-cultural-news.com
Ein herrschaftliches Vergnügen
Das Schlosstheater in Laxenburg ist vielen Wienerinnen und Wienern nur von außen bekannt. Gibt es doch eine wunderbare Kulisse bei einem der herrlichen Spaziergänge in seinem Park ab, die in der warmen Jahreszeit dort so beliebt sind.
Jetzt hat man Gelegenheit, den historischen Ort anlässlich einer Opernaufführung auch im Inneren zu besuchen. Das TEATRO BAROCCO zeigt dort genau 230 Jahre nach der Uraufführung der „Hochzeit des Figaro“ diese Mozartoper, und zwar so originalgetreu wie möglich. Im Konzertsaal kann man schon seit einem guten halben Jahrhundert Aufführungen erleben, die der historischen Musikpraxis verpflichtet sind. Im Bereich der Oper jedoch gibt es hier, wohl aufgrund der aufwendigen Recherchen und Vorbereitungen, noch Aufholbedarf. In Österreich stellte sich der Intendant und Regisseur in Personalunion, Bernd R. Bienert, der für die Produktionen seines TEATRO BAROCCO stets auf historische Spurensuche geht, dieser Herausforderung. Als ob dies nicht genug wäre, auch für das Bühnenbild und die Kostüme zeichnet er selbst verantwortlich. Eine übrigens auch historisch gesehen nicht unübliche Praxis, die sich klarerweise nach den finanziellen Gegebenheiten richtete. Bienert recherchierte, dass das Schlosstheater in Laxenburg, nach der Uraufführung im Burgtheater in Wien, das Stück im Sommer 1786 übernahm. Dank einer Anordnung Joseph II., der an diesem Ort der erholungssuchenden, adeligen Gesellschaft diese und andere Produktionen aus Wien als musikalische Kurzweil anbieten wollte.
Die Bühne, ungefähr 10 Meter breit und 10 Meter hoch, für den kleinen Theatersaal eigentlich überdimensioniert, konnte die Bühnenbilder aus dem Burgtheater 1:1 fassen, was eine enorme Kostenreduktion bedeutete. Das Orchester ist nicht, wie erst in späterer Zeit, in einem Bühnengraben verborgen. Vielmehr kann das Publikum, das in der ersten Reihe sitzt, den Musikerinnen und Musikern in die Noten schauen. Die intime Umgebung erzeugt ein ganz besonderes Flair mit dem Gefühl, hautnah am Geschehen teilzunehmen. Die Besetzungsliste des kleinen Orchesters, das auf alten oder historisch nachempfundenen Instrumenten spielt, ist kurz. Einzig die Violine ist zweifach vorhanden, alle anderen Streich- und Blasinstrumente sowie die Pauke – sind nur einmal vertreten. Das Klangresultat ist verblüffend. Mozart light, könnte man dazu sagen, was zugleich aber bedeutet, dass die einzelnen Instrumentalstimmen besonders gut wahrnehmbar werden. Wenn Cherubino in seiner Arie über seine ersten Liebeserfahrungen berichtet, dann empfindet man plötzlich das Pizzicato der Streicher wie den raschen Herzschlag eines jungen Mannes und nicht nur als kompositorisch gelungene Idee. Wenn der musikalische Leiter, David Aronson, die Rezitative am Hammerklavier begleitet, ertönt so manche kleine, musikalische Verzierung schalkhaft witzig. Er ist sichtlich mit großer Freude am Arbeiten und erhebt sich zwischendurch immer wieder kurz von seiner Klavierbank, um sichtbarer Einsätze geben zu können.
Die Kostüme, die Bienert bis auf wenige Ausnahmen aus einem Fundus zusammenstellte, geben in wunderbarer Weise auch das Gefälle zwischen Adeligen und Bediensteten wieder. Federn und viel Stoff, aufwendigst mit Schnürungen, Plissierungen und hohem Schneiderhandwerk auf der einen, grobes Leinen, Schürzen und Strohhüte auf der anderen Seite. Das Bühnenbild besteht aus unterschiedlichen, verschiebbaren Wänden, die sowohl das Innere von Almavivas Schloss als auch den nächtlichen Garten in sichtlich naiv-barockem Malgestus stilisieren. Die Kerzen, die an der Bühnenrampe aufgestellt sind, und deren flackenders Licht zart an den Wänden der Bühnendekoration sichtbar wird, lassen einen kleinen Eindruck zu, wie die Beleuchtung in der Zeit Mozarts gewesen sein könnte. Besonderes Augenmerk aber legt die Regie auf die Mimik und Gestik des Ensembles. Dabei kommt dem ehemaligen Tänzer an der Wiener Staatsoper sicherlich seine eigene Erfahrung auf diesem Gebiet zugute.
So entsteht eine äußerst lebhafte Interpretation, in der die Charaktere und ihre Empfindungen nicht nur durch die Musik hörbar, sondern auch sicht- und dadurch stärker fühlbar werden. Susanna – herausragend mit Megan Kahts besetzt, deren sowohl stimmliche als auch schauspielerische Leistung eine wahre Freude ist – ist oft händeringend zu sehen. Ihre Not, als Objekt der gräflichen Begierde zu gelten, kommt besonders gut auch in jener Szene zum Ausdruck, in der ihr der Graf unmissverständlich Avancen macht. Gezim Berisha führt in dieser Rolle an einer Stelle dabei sogar einmal ihre Hand zwischen seinen Schritt, deutlicher kann sein Verlangen wohl nicht zum Ausdruck gebracht werden. Und angeekelter hat man wohl noch keine Susanna reagieren gesehen. Juan Carlos Petruzziello darf als affektiert-gezierter Musiklehrer aber auch als Richter alle komödiantischen Register ziehen, die diese Rollen hergeben. Wie er fächerwedelnd zwischen der Gesellschaft tanzt und seinem Grafen beständig das Riechfläschchen als kurzen, olfaktorischen Erholungsmoment gegen die offenbar strengen Körperausdünstungen der Bediensteten unter die Nase hält, ist unglaublich amüsant. Sein heller, strahlender Tenor ist eine der größten Überraschungen des Abends, neben der Entdeckung des Talents von Megan Kahts. Als Richter trippelt er in Minischritten über die Bühne und legt eine überraschte Mimik an den Tag, die das Publikum in eine unglaublich heitere Stimmung versetzt. Florian Pejrimovsky, in einer Doppelrolle sowohl als Gärtner als auch Bartolo zu sehen, agiert in den fast schon holzschnittartig angelegten Rollen ganz nah an der Commedia dell`arte.
Sarah Marie Kramer als Gräfin nimmt erst in jener Arie ihre beredte Körpersprache zurück, in der sie sich an die Vergangenheit erinnert, in der sie von ihrem Mann noch geliebt wurde. Innig und ruhig passt sich ihr geschmeidiger und zugleich voluminöser Sopran wunderbar dem introvertierten Geschehen der betrogenen Frau an. Gebhard Heegmann verkörpert einen kräftigen Figaro, stimmlich klar und gut verständlich, der sich gewitzt aus jeder verfahren geglaubten Situation retten kann. Barbara Angermaier (Cherubino), Anne Wieben (Marcellina) und die junge Penelope Makeig (Barbarina) sind wunderbar besetzt und stimmlich jede einzelne bestens ausgestattet.
Die Möglichkeit, diese Oper, die für das adelige Publikum an der Grenze zum Affront operierte, in diesem Ambiente zu sehen, lässt aber auch noch andere Gedankenexperimente zu. Nicht wie in einem großen Theater ist man dazu verführt, das Geschehen auf eine rein künstlerische Ebene zu abstrahieren. Es drängen sich Gefühle auf, die damit zusammenhängen, dass am selben Ort vor vor 230 Jahren Personen saßen, die alleine qua ihrer Geburt maßgeblich das Weltgeschehen beeinflussten und zur selben Zeit außerhalb der Schlossmauern das einfache Volk ein Leben fristete, das wir uns heute nicht mehr vorstellen können. Abhängigkeiten von Feudalherren, wie Susanna sie auf der Bühne erleben muss, gehörten zum Alltag des Volkes, Luxus wie Opernvorführungen konnten sich nur die mächtigen Adelsgeschlechter leisten. Dass man das anlässlich einer Produktion von „Figaros Hochzeit“ auch einmal spüren darf, ist ein weiteres Verdienst des TEATRO BAROCCO.
Wir empfehlen: Wenn möglich, noch rasch für die restlichen Vorführungen Karten besorgen.
Tickets: www.culturall.com
KULTUR UND WEIN | Februar 2016
http://www.kulturundwein.com
Mozart ist nach 230 Jahren nach Laxenburg zurückgekehrt
Der Ort des ersten Gastspiels von Mozarts Le nozze di Figaro verbindet sich im letzten Bild der Oper auf magische Weise mit dem Park des Laxenburger Schlosses. Genauso könnten sich all die erotischen Verwirrungen zwischen romantischen künstlichen Ruinen in diesem nach englischem Muster bepflanzten Garten abgespielt haben. Während Almaviva heftig mit seiner eigenen Gattin flirtet, Susanna vom kleinen kusssüchtigen Cherubino bedrängt wird und Figaro nach Rache sinnt, darf die Phantasie aus dem kleinen Schlosstheater in das diskrete Dunkel dieser liebesschwangeren Nacht hinausfliegen und am Fest des Grafen teilnehmen.
230 Jahre ist es her, dass Kaiser Josef II. die kurz davor am Burgtheater am Michaelerplatz uraufgeführte Oper von Wolfgang Amadé Mozart nach einem Libretto von Lorenzo Da Ponte zum sommerlichen Pläsier aufs Land mitgenommen hat. Das Theater von Schloss Laxenburg war dafür bestens geeignet.
Mit seiner zehn Meter hohen Bühne und der perfekten Akustik dieses von Hofbaumeister Nicolò Pacassi geschaffenen Raumes erlaubte es die Übersiedlung der gesamten Produktion. So fand am 3. Juni 1786 die erste Aufführung einschließlich originaler Ausstattung und Besetzung im privaten Hofoperntheater in Laxenburg statt.
Dem Einsatz von Bernd Roger Bienert, dem Intendanten des TEATRO BAROCCO, ist es zu verdanken, dass Mozart wieder an diesen Originalschauplatz zurückkehren konnte. Laxenburg ist das einzige noch bestehende Theater in Österreich, in dem Opern von Mozart zu dessen Lebzeiten aufgeführt wurden. Bernd R. Bienert, bekannt für akribische Suche nach historischer Authentizität in seinen Inszenierungen, hatte sich „die möglichst genaue Sichtbarmachung der Regieanweisungen Da Pontes“ als oberstes Ziel gesetzt.
Und es wurde auch ein Opernabend wie zu Mozarts Zeit, von Kostümen und Kulissen angefangen über die barocke Gestik der Darsteller und die an Kerzenlicht ausgerichtete Beleuchtung von Bühne und Zuschauerraum bis zum Klang der Originalinstrumente im Orchester, serviert mit all dem Humor und Witz dieser wohl genialsten Opera buffa, kurz, eine musikalische Zeitreise All Inclusive.
Vom Hammerklavier aus versuchte David Aronson mit betont deutlichen Bewegungen Musiker und Sänger zusammenzuhalten, was nicht zuletzt aufgrund der vielen „historischen“ Umstände alles andere als leicht war. Immerhin mussten die Sänger mit dem ungewohnten Klangbild der begleitenden Musik zurechtkommen. Darmsaiten und originale Blasinstrumente klingen eben anders, viel weniger strahlend als moderne Geigen, Flöten und Fagotte.
Basilio (Juan Carlos Petruzziello) und Bartolo (Florian Pejrimovsky) brauchten sich ob ihrer Stimmgewalt kaum darum zu kümmern, ebenso wenig wie Anne Wieben als alte Marcellina mit der jungen Stimme. Wesentlich mehr Mühe hatte in dieser Beziehung Gezim Berisha, der seinen Almaviva überdies zu wenig gräflich und viel zu schusselig angelegt hat. Seine Gattin, die Gräfin (Sarah Marie Kramer), hat Mut zur Komik und scheint ihre Rolle als vom Gatten vergessene Frau durchaus zu genießen. Aber auch zum schwärmerischen Cherubino (Barbara Angermaier als liebes Mädchen im Knabengewand oder umgekehrt) will der Funke nicht überspringen, die Gräfin lässt es mit mütterlicher Zuneigung bewenden und überlässt den Jüngling gerne der reizenden Barbarina (Penelope Makeig).
Gebhard Heegmann als überzeugend spielender und singender Figaro und Megan Kahts als zierliche, aber um charmant resolute Susanna sind die erfrischend aufmüpfigen Untertanen, die bereits Beaumarchais in seiner Komödie „Der tolle Tag oder Die Hochzeit des Figaro“ 1778 als Wetterleuchten der Revolution auf die Bühne gestellt hat. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass ein, wenngleich aufgeklärter Monarch wie Kaiser Josef II. diese erstens schlüpfrige und zweitens umstürzlerische Oper nicht nur nicht verboten, sondern als allerhöchst private Unterhaltung zu genießen bereit war.
Weitere Vorstellungstermine: 20., 21. 27. 28. Feb., 16 Uhr, 25. Feb. 2016, 18 Uhr.
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Mozart am Originalschauplatz
Im Schlosstheater Laxenburg versucht man, das Publikum mit einer historisierenden Produktion von Figaros Hochzeit ins 18. Jahrhundert zurückzuversetzen. In Mozarts Wohnung in Wien entstand vor mehr als 200 Jahren der Figaro und nach einigen geringfügigen Änderungen gestattete der Kaiser die Aufführung der „Nozze di Figaro“, eine davon im Theater des Schlosses Laxenburg. Jetzt wird es dort in intimer Atmosphäre und mit einzigartiger Akustik wieder gespielt.
O-Ton: Otto Biba (Kurator Mozartausstellung), Bernd R. Bienert (Regisseur)
TEATRO BAROCCO
Redakteur: Zoglauer
Profil | 15. 02. 2016 | Manuel Brug
Zeitsprung
„Es war wohl 1983. Ich kam gerade vom Nederlands Dans Theater zurück und unternahm mit holländischen Freunden einen Ausflug nach Schloss Laxenburg. Dort war vor dem Krieg die berühmte Hellerau-Schule für rhythmische Gymnastik, gegründet von Emile Jaques-Dalcroze, angesiedelt. Wir fanden davon zwar keinerlei Spuren mehr, aber ich trat durch eine zufällig offene Tür in ein mir völlig unbekanntes Schlosstheater. Mir war sofort klar: Da will ich mal was machen.“
So erklärt der Wiener Choreograf, Musiktheaterregisseur, Kurator, Ausstatter, Unternehmer und Organisator Bernd R. Bienert, 54, die Genese seiner jüngsten Theatertat. Ab dem 18. Februar wird Bienert die inzwischen zu einem Tagungszentrum umgebaute Tanzschule an einem der einst wichtigsten Habsburger Sommersitze wiederbeleben – und nicht mit irgendeinem Stück, sondern mit Mozarts „Le nozze di Figaro“. Die revolutionäre Erfolgs-Buffa, am 1. Mai 1786 im damals noch gegenüber der Michaelerkirche gelegenen kaiserlichen Hofburgtheater uraufgeführt, wurde auf Anordnung Josephs II. bereits wenige Wochen später auch auf dem Land gegeben, in einer Art royalem Sommertheaterbetrieb, in dessen Rahmen die Habsburger zeitgenössische – und heute längst vergessene – Erfolgsstücke von Salieri, Cimarosa, Gluck, Soler, Paisiello oder Grètry mit hinein in die Sommerfrische nahmen.
Zum Beispiel den aufmüpfigen „Figaro“. Das 1753 vom Hofarchitekten Nicolö Pacassi erbaute Laxenburger Barocktheater ist neben dem Prager Ständetheater und dem Münchner Cuvillies-Theater der wohl einzige erhalten gebliebene Theaterbau, in dem noch zu Lebzeiten des Komponisten eine Mozart-Oper gegeben wurde. Mit Sicherheit ist der Barockbau aber der einzige authentische Mozart-Spielort in Österreich. Hier soll nun der „Figaro“ Wiedererstehen, in gewohnter Bienert-Manier: mit historischen Kulissen und Kostümen, jungen, begabten Sängern, vor allem aber mit einem akribisch untersuchten Gestenrepertoire der Zeit. „Das war viel größer, komplexer und übertriebener, als wir das heute gewohnt sind. Es war wie eine Sprache, die alle verstanden“, erklärt Bienert. „Es ist erstaunlich, wie normal die Gesten im korrekten Umfeld wirken, vor allem, wenn die Akteure die richtigen Kleider tragen.“
Bienert war als Tänzer an der Staatsoper Wien und am Nederlands Dans Theater engagiert. Am Opernhaus Zürich wirkte er bis 1996 als Ballettchef, wo er durch seine Zusammenarbeit mit Stararchitekten wie Mario Botta, Renzo Piano, Jean Nouvel oder Zaha Hadid für Furore sorgte. Von 1999 bis 2001 schloss sich ein Engagement in Saarbrücken an. Bienert machte sich bereits damals für die Rekonstruktion tanzhistorisch bedeutender Choreografien verdient. Es scheint also nur konsequent zu sein, dass er seit 2011 nach dem Vorbild der Kupferstiche von J. F. Götz die historische Darstellungs- und Inszenierungspraxis im Opernbereich revitalisiert.
Er macht das mit einem theatralischen Sinn für die Magie eines Ortes, etwa mit seiner hochgelobten Truppe TEATRO BAROCCO allsommerlich im Stift Altenburg, hoch über dem Kamptal. Der Blick mag sich hier gar nicht mehr abwenden von den Decken und Wänden, den Kuppeln und Raumschalen, die fantasievoll prunken. Unter dem kunstsinnigen Abt Placidus Much entstand die Barockausstattung des Waldviertier Escorial. Dem Maler Martin Troger gelangen hier farbig-lebenskräftige Bilderwelten. Nur 90 Kilometer von Wien entfernt schaut man in der prachtvollen Bibliothek allerdings auch auf einen blau gemalten Bühnenrahmen, der die Hälfte des lang gestreckten Saales verbirgt.
Bereits vier Mal ließ Bienert in diesem Ambiente frühklassizistische Stücke spielen. Werke, die zu klein oder zu speziell sind, um in konventionellen Theatern ihre Wirkung zu entfalten, die hier aber leben, zu leuchten beginnen, zuletzt die Melodramen von Georg Anton Benda (1722–1795), in denen sich die Musik oft nur auf unterstützende Akkorde zum gesprochenen Wort beschränkt. Bienert ist aber nicht nur den akustischen, sondern auch den visuellen Tangenten der einstigen Aufführungspraxis verpflichtet. Er versucht, in Sachen Gestik, Kostümen und Bühnenbild dem Original mit den Mitteln des Zeitsprungs so nahe wie möglich zu kommen. Mission erfüllt.
ORF Ö1 | Intrada | FR | 12.2.2016 | 10:30 Uhr | Johannes Leopold Mayer
Figaro heiratet in Niederösterreich
TEATRO BAROCCO im Schloss Laxenburg mit Mozart
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morgen 1/2016 | Michaela Schlögl
Ganz nah an Mozart und da Ponte
Zugegeben – die Jubiläen 260 Jahre Mozart und 230 Jahre Figaro sind keine sehr runden, doch ein Umstand macht die Figaro-Aufführung in Laxenburg zu einer besonderen: Man spielt Mozart in demjenigen Theater, das als einziger in Österreich heute noch existierender Original-Aufführungsort des Figaro besteht. Die Oper wurde, quasi druckfrisch, nach ihrer Premiere in Wien „aufs Land“ transferiert und in Laxenburg am 3. Juni 1786 im kaiserlichen Schlosstheater dargeboten.
Mit den Figaro-Aufführungen 2016 wird das kulturgeschichtliche Kleinod des Laxenburger Theaters jetzt in mozärtlicher Manier reanimiert. Neben dem Schönbrunner Schlosstheater ist es übrigens das einzige erhaltene für fürstliche Hoheiten errichtete Theater des Spätbarock in Österreichs. Kaiserin Maria Theresia hatte ihren Hofarchitekten Nicolaus Pacassi, der auch schon das Schönbrunner Schlosstheater geplant hatte, mit Ausbau und systematischer Erweiterung der Laxenburger Anlage betraut.
Aus den Tagebüchern des Fürsten Josef Khevenhüller-Metsch lässt sich entnehmen, dass das dortige Kulissen-Theater vermutlich am 6. Mai 1753 zum allerersten Mal seine Pforten öffnete -für eine französische Komödie mit Ballett. In der Folge entwickelte sich ein regelrechter Stagione-Betrieb, sprich, wenn der Hof in Laxenburg residierte, wurde von Mitgliedern des Wiener Hoftheaters, in deren Verträgen Auftrittsverpflichtungen für Laxenburg vereinbart waren, aber teilweise auch durch Wandertruppen gespielt.
Maria Theresias Sohn, Kaiser Joseph II., verfügte 1784, dass anlässlich von kaiserlichen Aufenthalten „drei bis viermal pro Woche eine Aufführung stattfinden müsse“, die „entweder in einem Intermezzo von einigen Stimmen der Opera buffa oder in einer deutschen Piece von 2 Acten oder zwey dergleichen, jede von 1 Act zu bestehen hätte“ (Brief an „General-Spektakel-Direktor“ Franz Xaver Graf Orsini-Rosenberg vom 13.5.1784). Die erhaltenen Spielpläne aus den Monaten Mai und Juni der Jahre 1784 und 1786 zeigen, wie hochkarätig der damalige zeitgenössische Spielplan programmiert war. Man bot Werke der führenden Meister der Zeit, Paisiello (etwa den „Barbiere di Siviglia“), Cimarosa, Vicente Martin y Soler, Gluck oder Grétry.
Dass Mozarts Figaro, der am 3.6.1786 in Laxenburg gegeben wurde, etwa einen Monat nach der Uraufführung am 1. Mai desselben Jahres im Wiener Hofburgtheater, anfangs nur mäßig erfolgreich war, ist heute kaum nachvollziehbar. Die Uraufführungsbesetzung, in Laxenburg dieselbe wie in Wien, bot jedenfalls alle Stars der damaligen Truppe auf.
Der Figaro unternahm dann einen beispiellosen Triumphzug durch die Jahrhunderte. In dem kleinen Schlosstheater vor den Toren Wiens blieb der Vorhang für lange Perioden geschlossen, die Singspiel- und Opernaktivitäten versanken in einen Dornröschenschlaf. Die Napoleonischen Kriege, revolutionäre Ereignisse und die kulturelle Gesinnung des Biedermeierzeitalters, die auch am Hof einen Rückzug ins Private erkennen ließen, standen glanzvollen Theaterereignissen diametral entgegen. In Laxenburg durfte nur noch sehr selten Oper erklingen. Jetzt darf sie wieder!
HAUS FÜR MOZART. Dass hier ein kultur-geschichtlicher Schatz zu heben, eine quasi musikhistorisch-archäologische Grabung möglich sei, das hat den Jagdinstinkt des Intendanten des TEATRO BAROCCO, Bernd Roger Bienert, geweckt. Er ist von der Lokalität begeistert: „So wie die Fledermaus ins Theater an der Wien gehört, ist das Laxenburger Schlosstheater von der Größe her der ideale und der authentische Aufführungsort für Werke der Mozartzeit. Im Speziellen seines Figaro! Es ist meiner Meinung nach das einzige wirkliche Haus für Mozart in Österreich“, schwärmt Bienert vom Laxenburger Ambiente.
Bienert ist, das weiß man aus seinen Ballett-Projekten, auch ein großer Ästhet: „Eine Rekonstruktion des Inszenierungsstils jener Zeit bedarf auch einer den damaligen Verhältnissen adäquaten Beleuchtung, die das Kerzenlicht und dessen genauen Einfallswinkel von unten und von der Seite her rekonstruiert, sowie der von Hand gemalten Dekorationen in Form eines Gassen-Bühnenbilds mit Zentralperspektive, das durch das Hintereinanderstellen gemalter Einzelteile räumliche Perspektiven vortäuscht.“ Als Regisseur durchdringt Bienert die Materialen zu einem Stück geradezu leidenschaftlich. „Mozart selbst beschreibt in seinen Briefen die besondere Technik des ‚A-parte-Redens‘, wie er es nennt. Auch klagt er über die manchmal bescheidenen Möglichkeiten des schau-spielerischen Ausdrucks mancher seiner Hauptdarsteller. Daraus geht klar hervor, dass eine Inszenierung, die allen Darstellern einen nach historischen Lehrbüchern nachgestellten, gleichgeschalteten gestischen Stil abfordert, nicht der damaligen Aufführungspraxis entsprechen kann. Die Hauptdarsteller der ersten Figaro-Besetzung können ja schon aufgrund der verschiedenen Nationalitäten und unterschiedlicher Erziehung weder einer einheitlichen Gestik-Schule noch einem einheitlichen Gesangsstil zugeordnet werden. Sie müssen sich demnach wohl sehr individuell, jedoch im Sinne des damals tradierten, üblichen Gestik-Kanons zur Verdeutlichung des auszudrückenden Inhalts bewegt haben.“
Bienert sieht sich als Regisseur im Sinne der Mozartzeit: „Die Regie muss durch die Optik in jeder Sekunde deutlich machen, worauf die Situation abzielt. Der Zuschauer darf nicht durch Regieeinfälle abgelenkt werden! Eine Inszenierung im Stil der Mozartzeit muss die Regieanweisungen so ernst wie das Libretto nehmen.“ Weiters verweist Bienert darauf, dass der Begriff des Regisseurs der neueren Theatergeschichte entstammt. Der Spielleiter des 18. Jahrhunderts übernahm eher die Rolle eines Verkehrspolizisten, der den Ablauf der Aufführung organisierte. „Das muss auch der heutige Regisseur einer Aufführung tun, die den Stil der Mozartzeit nachzustellen sucht“, sieht Bienert einen klaren Auftrag für die Laxenburger Figaro-Inszenierung. Es geht daher um die Wiederbelebung des Gestikrepertoires der Sänger und eine Inszenierung, die die Logik des Librettos in aller Deutlichkeit, aber unprätentiös vermittelt.
In sechs Aufführungen nimmt sich das TEATRO BAROCCO zwischen 18. und 28. Februar einen Figaro vor, der extrem nah an Mozart herankommen möchte. Bienert ist ein genauer Rechercheur. So hat er in Rezensionen aus der Mozartzeit entdeckt, dass damals auch Gehörlosen oder Personen, die des Italienischen nicht mächtig waren, der Zugang zur Oper erleichtert wurde. Es war ja auch Kaiserin Maria Theresia, die die Errichtung des ersten Institutes für Gebärdensprache in der Taubstummengasse anordnete.
Selbstverständlich soll nicht nur das Ambiente stimmen, auch Mozarts Musik soll möglichst authentisch erklingen. Sie wird, unter der Leitung des Dirigenten und Pianisten David Aronson, auf Originalinstrumenten intoniert.
Bienert hat auch eine klare Vorstellung vom Zusammenwirken von optischen und akustischen Elementen: „Wir wollen mit Hilfe der Bühnenoptik auf die Finessen des Librettos und der Musik hinlenken. Nur so kann das Gesamtkunstwerk Oper entstehen.“ Gerade beim Figaro gäbe es eine Fülle von versteckten Hinweisen, die von da Ponte und Mozart eingearbeitet wurden, berichtet Bienert. Das Stück beginnt nicht mit einem Dialogtext, sondern mit einer absichtlich zunächst absurd erscheinenden Zahlenreihe, die im Libretto als Szene „Figaro misst mit einem Zollstock“ bezeichnet wird. Darüber könnte man heute in vielerlei Hinsicht spekulieren! Eine bewusste Abänderung des Beaumarchais-Originals, in dem ganz klar die Maße und die Maßeinheit beschrieben steht, fehlt im da-Ponte-Libretto!
Die wirklich wichtigen Zahlen dieser Figaro-Aufführung verstecken sich also im Stück selbst - weniger in den eingangs erwähnten Jubiläen. Bienert: „Die anfangs gesungenen Zahlen 5, 10, 20, 30, 36, 43 ergeben 144, die Zahl der Apokalypse 12 mal 12, die Abmessungen des himmlischen Jerusalem, die 12 Tore, die 12 Apostel … da ergeben sich Bezüge zu kabbalistischem Gedankengut und zum Alten Testament!“ Es gilt also nicht mehr und nicht weniger, als den authentischen Geheimnissen von Textdichter und Komponist nachzuspüren …
KRONENZEITUNG | 11 Februar 2016
Barocke Opernklänge erleben
Originalgetreu wird die Oper zum Jubiläum in Schloss Laxenburg inszeniert. Wer sich das nicht entgehen lassen möchte, muss schnell sein: Das Ensemble ist bis 28. Februar nur sechsmal auf der Bühne zu sehen.
Ein Klassiker kehrt an seinen Ursprung zurück und macht die Geschichte greifbar: Zum ersten Mal seit 1786 kommt „Le nozze di Figaro“ an einem der Original-Aufführungsorte, dem ehemals kaiserlichen Hoftheater Schloss Laxenburg, auf die Bühne. Die Premiere wird kommende Woche am Donnerstag, 18. Februar, gefeiert – und damit auch gleichzeitig das 230-Jahr-Jubiläum der Uraufführung sowie der 260. Geburtstag des Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart. Karten und Infos gibt es unter 01/712 5400 340 sowie im Internet: www.culturall.com
Die Presse - Schaufenster | 05 Februar 2016 | Wilhelm Sinkovicz
Wie Mozarts Musiktheater wirklich war
Eine Aufführung von Mozarts „Figaro“. Das ist in Wien und Umgebung nichts Besonderes. Das Werk gehört zu den Musiktheaterstandards. Dass das so ist, ist ein kleines musikhistorisches Wunder, denn bis zum Zeitpunkt der Uraufführung von „Le nozze di Figaro“ war das Publikum gewohnt, in den Opernhäusern immer neue Stücke vorgesetzt zu bekommen. Man ging, um Novitäten der gerade meistgeschätzten Komponisten zu hören. Die Libretti kannte man oft, denn sie wurden in der Regel mehrmals von verschiedenen Meistern vertont. Es ging also immer darum, neue Musik zu hören. Mit dem „Figaro“ wurde alles anders. Textdichter Lorenzo da Ponte bekam die allerhöchste Erlaubnis, das als Schauspiel verbotene, weil gesellschaftspolitisch aufrüherische Theaterstück „La folle journee“ von Beaumarchais zu einer Opera buffa umzuarbeiten. Die deutlichsten Attacken auf das herrschende feudale System musste er dabei entfernen. Die burlesken Komödienelemente blieben freilich ebenso erhalten wie die menschlich anrührenden, tiefschürfenden Seelenbespiegelungen der einzelnen Personen, die ihre Rollen in den komplizierten erotischen Verstrickungen zu spielen haben.
Einzige Mozart-Bühne. Die kongeniale Umsetzung dieser vielschichtigen Dramaturgie in Mozarts Musik hob die Oper als Gattung auf ein neues, zuvor unbekanntes Niveau. Womit das Interesse an dem Stück bald sehr groß wurde. In gewisser Weise markiert der „Figaro“ im Verein mit dem Jahr darauf komponierten „Don Giovanni“ und der „Zauberflöte“ von 1791 den Beginn dessen, was wir heute Opernrepertoire nennen. Die Werke sind in mehr als 200 Jahren nie wieder von den Spielplänen verschwunden. Schon Kaiser Joseph II. ordnete an, dass die erfolgreichsten Stücke aus dem jeweils aktuellen Spielplan seines Hofburgtheaters (damals noch vis-à-vis der Michaelerkirche) während des Aufenthalts des Hofes in der Sommerresidenz Laxenburg im dortigen Schlosstheater gezeigt werden sollten. So übersiedelte auch der „Figaro“ wenige Wochen nach seiner Uraufführung ins intime Schlosstheater, das es – anders als das alte Burgtheater – heute noch gibt. Bernd Roger Bienert ist aufgefallen, dass dieses Haus die einzige noch bespielbare originale Mozart-Bühne im Lande darstellt. Der Komponist selbst hat ja die Übersiedlung seines „Figaro“ einst beaufsichtigt. Und er hat sogar Sorge getragen, dass die kaiserliche Buchhaltung durch sein Stück nicht allzu sehr belastet wurde. In Laxenburg wollte der Kaiser, der in Sachen Theater stets selbst das letzte Wort behielt, keine Zusatzkosten für Tänzer akzeptieren. Also musste das dritte Finale des Vierakters ein wenig umgeschrieben werden. Mozart schürzt ja den dramatischen Knoten just während einer Balletteinlage, deren Musik er Glucks „Don Juan“ entlehnt hat: Zu den Klängen des Fandango öffnet der Graf das Billet doux, das ihm schließlich zum Verhängnis wird, sticht sich mit der Nadel, mit der Susanna das Schreiben versiegelt hat, was wiederum zu den Verwicklungen am Beginn des folgenden Aktes führt… Durch die Absenz der Tänzer sah sich Mozart vor das Problem gestellt, den Fandango entfernen zu müssen. Die Handlung muss also während der Chöre der Bediensteten ablaufen, die diese Szene umrahmen. In diesem Sinn wird Bienert den „Figaro“ uminszenieren müssen, um eine möglichst getreue Rekonstruktion der einstigen Laxenburger Aufführung zu erreichen. Schon seit Jahren hat er sich in das Studium der Theaterquellen jener Ära vertieft und herausgefunden, dass nicht nur der viel zitierte Originalklang um den sich diesmal ein Spezialensemble unter der Leitung von David Aronson kümmern wird –, sondern auch originale szenische Praktiken wiederherstellbar sind. Es gibt genügend akribische Darstellungen spätbarocker und klassischer Theateraufführungen, um erkennen zu können, welches gestische und pantomimische Repertoire den damaligen Darstellern zu Gebote stand.
Lichtmagie. In diesem Sinn dürfen Musikfreunde also gespannt sein: Mit dem „Figaro“ in Laxenburg können sie, notabene an einem Originalschauplatz, eintauchen in die alte Welt des Mozartschen Musiktheaters. Selbst die Illusion, dass nur Kerzen zum Beleuchten zur Verfügung standen, wird bewahrt. Mit theatralischer Lichtmagie hat Bienerts Karriere begonnen. Kaum ein Regisseur hat es wie er verstanden, die Bühne atmosphärisch auszuleuchten. Schon seine ersten Choreografien, „Alpenglühen“ und „Rads Datz“ an der Staatsoper, zeichneten sich durch eminente Bildwirkungen aus. Insofern knüpft der Produzent und Regisseur an seine Ballettvergangenheit an. Die Beschäftigung mit originalen Aufführungspraktiken hat in ihm die Idee reifen lassen, mit seinem TEATRO BAROCCO der musikalischen Pionierbewegung eine theatralische an die Seite zu gesellen. Im Laxenburger Schloss erreicht diese Bestrebung nun einen Höhepunkt. Was die ursprüngliche Optik des „Figaro“ betrifft, wurde Bienert in der Sammlung der Salzburger Stiftung Mozarteum wie auch in einem Antiquariat fündig: Der verbotene Text von Beaumarchais inspirierte ja Mozarts Zeitgenossen dazu, das inkriminierte Theaterstück zumindest in Privataufführungen, also sozusagen insgeheim, zu produzieren und zur Diskussion zu stellen. An der Pariser Comédie Française gab man die „Folie journee“ sogar eine Zeit lang offiziell. Sowohl von Privatvorstellungen als auch von den Pariser Aufführungen haben sich Zeichnungen erhalten, denen ziemlich deutlich die Bewegungsmuster der damaligen Darsteller zu entnehmen ist. Ideale Inspirationsquellen für einen Rekonstruktionsversuch anno 2016 – wir feiern ja immerhin den 230. Geburtstag der Oper „Figaros Hochzeit“!
Tipp. TEATRO BAROCCO „Le Nozze di Figaro“. Premiere in Laxenburg: 18.2.: Vorstellungen bis 25.2. Ab 25. Juni zeigt das TEATRO BAROCCO in Stift Altenburg „Piramo e Tisbe“ von J. A. Hasse.
Text: Wilhelm Sinkovicz | Porträt: Christine Pichler
VOR Magazin | Februar 2016
KULTURLEBEN Le nozze di Figaro am Ursprung
Bernd R. Bienert präsentiert in sechs Aufführungen von 18. bis 28. Februar Mozarts Meisterwerk erstmals seit 1786 am originalen Aufführungsort in Originalinszenierung.
INFO: Premiere am 18. Februar, Schlossplatz 1, 2361 Laxenburg, teatrobarocco.at
Tickets: www.culturall.com
KRONENZEITUNG | 04 Februar 2016 | KHR
„Figaro“ im Original
Bernd Roger Bienert führt mit seinem TEATRO BAROCCO „Nozze di Figaro“ in der Originalfassung auf, wie das Werk 1786 hier vor Joseph II. gespielt wurde.
Cherubino: B. Angermeier; Susanna: M. Kahts; Leitung: David Aronson; Regie: Bernd R. Bienert (18. bis 28.2.).
Tickets: www.culturall.com
DIE BÜHNE | Februar 2016 | Robert Quitta
Lustvolle Rekonstruktion
Bernd Roger Bienert hat die Weihnachtsfeiertage am Computer verbracht. Und er trägt jetzt auch Bart. „Ich habe keine Zeit mehr, mich zu rasieren.“ Beides ist nicht weiter verwunderlich, denn am 18. Februar hat seine neueste Mammutunternehmung Premiere. Bienert bringt Mozarts Le nozze di Figaro nach 230 Jahren an ihren Uraufführungsort zurück: in das Schlosstheater Laxenburg. Uraufführungsort? „Nun ja, die Premiere fand natürlich im alten Burgtheater am Michaelerplatz statt. Aber schon wenige Wochen später wurde Nozze in der Uraufführungsbesetzung in Laxenburg gespielt. Denn Kaiser Joseph II. hatte allen Mitwirkenden die Klausel in den Vertrag hineinschreiben lassen, dass sie ihm auch dort zur Verfügung stehen mussten.“
Der Choreograf, Regisseur und Impresario ist total euphorisch über sein jüngstes Projekt. „Ich wollte das schon seit 1983 machen, denn da habe ich mich beim ersten Anblick sofort in das Schlosstheater verliebt. Das Sensationelle daran ist, dass wir mit ihm das einzige erhaltene Theater aus der Mozart-Zeit besitzen, in dem eine Da-Ponte-Oper in der von Mozart selbst autorisierten Uraufführungsfassung in der musikalischen Originalbesetzung aufgeführt wurde. Das Burgtheater ist abgerissen, das Prager Ständetheater wurde seither verändert. Unverständlicherweise liegt dieses Juwel seit Jahrzehnten, abgesehen von seiner Benutzung für einige Konzerte (bei denen das Publikum auf der ehemaligen Bühne statt im historischen Theatersaal sitzt), noch immer im Dornröschenschlaf. Dabei hat es eine unendlich reiche Geschichte. Erbaut wurde es von Hofbaumeister Pacassi, der auch das alte Burgtheater errichtet hat. Seine Bühne ist für damalige Verhältnisse eines Privattheaters riesengroß und hatte wahrscheinlich annähernd genau dieselben Maße wie das Burgtheater. Aufgrund der schon vorher erwähnten Vertragsklausel wurde hier, vor allem während der Aufenthalte des Kaiserhauses im Frühjahr, ziemlich viel und viel Bedeutendes gespielt: zuerst Schauspiel, dann italienische und französische Opern, Paisiello, Grétry, Hasse, Gluck. Leider Gottes ist das alles viel zu wenig dokumentiert und erforscht. Es gibt keine vollständigen Repertoire- oder Besetzungslisten. Daher wissen wir auch nicht, ob Mozart die Aufführung am 3. Juni 1786 selbst dirigiert hat, aber es ist stark anzunehmen.“
Trotz des historischen Rahmens wird man in Laxenburg natürlich nicht eine x-beliebige Figaro-Produktion zu Gesicht bekommen, sondern eine ganz besondere. Denn Bernd R. Bienert, der im zarten Alter von sieben als Eleve an die Staatsoper kam und nach einer Karriere als Tänzer dann lange als Ballettdirektor im Ausland wirkte, hat sich seit fünf Jahren gänzlich der Rekonstruktion der historischer Aufführungspraxis verschrieben - und zwar in szenischer Hinsicht, was ja unbegreiflicherweise, trotz der großen Erfolge der Originalklangbewegung, bisher immer noch zu kurz gekommen ist.
Als Intendant des Festivals TEATRO BAROCCO in Stift Altenburg bei Horn hat er diese Sorgfalt noch nicht Mozart selbst, sondern vorerst „nur“ dessen Lehrern und Zeitgenossen zukommen lassen. Zu seinen Entdeckungen zählen vor allem die Melodramen Georg Anton Bendas: Medea, Ariadne auf Naxos sowie Pygmalion, aber auch Johann Michael Haydns Der Baßgeiger zu Wörgl und Die Hochzeit auf der Alm sowie Peter von Winters Lenardo und Blandine.
Sein Credo ist es, nicht ein Stück ins Heute zu versetzen, sondern das Publikum ins Gestern. „Das fängt schon mit der Beleuchtung an, die wird wie damals nur von der Seite und von vorne kommen. Und mit nicht mehr als einem Lux. Und wir nehmen alle im Libretto vorhandenen Regieanweisungen ernst und setzen sie um. Allzu häufig werden diese heutzutage nämlich ignoriert. Was zum Beispiel beim Weglassen des ‚a-parte-Sprechens‘ dazu führen kann, dass ganze Handlungsteile plötzlich unverständlich werden.“ Es ist mittlerweile ja bekannt, dass es in der damaligen Zeit nicht um die Ausformung individueller, unverwechselbarer, für jedes Stück aufgrund von persönlicher Erfahrung neu zu erfindende Ausdrucksformen ging, sondern vielmehr um die getreue Wiedergabe eines tradierten und kodifizierten Gesten- und Bewegungsrepertoires. So wie das heute noch in vielen asiatischen Theatergenres wie dem Nō oder dem Kathakali üblich ist. Und wie das selbst in unseren Breiten noch bis zum Stummfilm üblich war. Irgendwann kam das dann, vor allem im deutschsprachigen Raum, aus der Mode, so dass es verlernt wurde. Und woher bezieht Bienert sein Wissen um die einstmalige Praxis? „Es gibt natürlich Gestikbücher, und sogar einige Regiebücher mit zahlreichen Abbildungen, auch Stiche. Allerdings darf man wiederum nicht in den Fehler verfallen zu glauben, dass damals alle Sänger identisch agiert haben, das geht aus der genauen Lektüre von Mozarts Briefen hervor, dass es bessere und schlechtere Schauspieler gab. Es gab zwar tradierte Regeln, aber viele Dokumente widersprechen einander sogar, was nur beweist, dass es damals, auch wenn der subjektive Ausdruck nicht im Vordergrund stand, immer noch genügend Spielraum für persönliche Interpretationen gegeben hat. Wie zum Beispiel bei den Kadenzen. Man verwendet ja mittlerweile, was die Musik betrifft, den Begriff der historisch informierten Aufführung. Ein vergleichbares Vorgehen würde ich auch für mich in Anspruch nehmen. Es geht um eine Rekonstruktion, aber es muss eine lustvolle, von Natürlichkeit erfüllte sein.“
Und musikalisch: was darf man da in Laxenburg erwarten? „Wir machen alle Striche wieder auf, lassen aber den Fandango weg, weil dieser nachweislich ab der 4. Aufführung in Wien nicht mehr gespielt wurde, wir haben ein Originalklangensemble, aber ein verkleinertes, statt einem Cembalo benützen wir ein Hammerklavier aus der Zeit, weil es interessanter klingt, und die Aufführung wird, genau wie bei Mozart, von diesem Dirigenten, der zugleich der Pianist der Rezitative ist, auch vom Hammerklavier aus geleitet. Dafür konnte ich David Aronson gewinnen, der die Rezitative schon bei Riccardo Muti an der Wiener Staatsoper spielte. Er ist für uns ein irrsinniger Ruhepol.“ Und die Sänger? „Junge, unglaublich begabte, in Wien noch wenig bekannte, wie Sarah Marie Kramer als Gräfin, Megan Kahts als Susanna, Barbara Angermaier als Cherubino, Gebhard Heegmann als Figaro und Gezim Berisha als Graf Almaviva.“ Bühnenbild und Kostüme besorgt Bernd Bienert selbst, nach Vorbildern aus der Entstehungszeit werden die Dekorationen, ganz wie im 18. Jahrhundert, noch von Hand gemalt. Wer also ab 18. Februar nach Laxenburg fährt, muss darauf gefasst sein, sich wie bei einer Zeitreise plötzlich im 18. Jahrhundert wiederzufinden. Und danach möglicherweise keine große Lust mehr zu haben, ins 21. zurückzukehren …
Mozart: Le nozze di Figaro; Schloss Laxenburg, Do., 18., Do., 25. Februar, 18.00; Sa., 20., So., 21., Sa., 27., So., 28. Februar, 16.00 Uhr
lifestyleundreisen · Kunst und Kultur | 25 Jänner 2016 | Silvia Hofer
TEATRO BAROCCO – LE NOZZE DI FIGARO
Mit der seit 1786 ersten Originalinszenierung am einzigen in Österreich noch heute existierenden originalen Aufführungsort – dem ehemaligen kaiserlichen Hoftheater von Schloss Laxenburg – feiert TEATRO BAROCCO in 6 Aufführungen von 18. bis 28. Februar 2016 sowohl den 260. Geburtstag von Wolfgang Amadé Mozart, als auch die Wiederkehr des 230. Uraufführungsjubiläums seines Meisterwerks „Le nozze di Figaro“.
Das Laxenburger Schlosstheater, kaum bekanntes Kleinod europäischer Theater- und Operngeschichte am Stadtrand Wiens, wird damit erstmals seit 230 Jahren wieder im Sinne seiner Erbauung durch Kaiserin Maria Theresia, als Opernhaus des 18. Jahrhunderts, erlebbar. Mozarts Figaro wurde gleich nach der Wiener Premiere am 3. 6. 1786 in Laxenburg in der Uraufführungsbesetzung gegeben.
Im authentischen Ambiente des ehemaligen kaiserlichen Privattheaters entwirft nun Intendant Bernd R. Bienert eine Inszenierung in der Gestik sowie in den Bühnenbildern und Kostümen im Stil der Zeit Mozarts. Unter der musikalischen Leitung von David Aronson (Wiener Staatsoper) wird auf historischen Instrumenten musiziert. Es spielt und singt ein handverlesenes, stimmlich herausragendes und charismatisches junges Ensemble. Allen voran die junge Sopranistin Sarah Marie Kramer in der Rolle der Gräfin, die bereits in der letzten Produktion von TEATRO BAROCCO (Lo speziale) für großes Aufsehen sorgte, Publikumsliebling Barbara Angermaier als Cherubino und Megan Kahts in der wohl längsten Sopran-Partie der Operngeschichte, als Susanna.
Das Laxenburger Schlosstheater ist Österreichs einziges heute noch erhaltenes authentisches „Mozart – Da Ponte – Opernhaus“. Mozarts „Figaro“ in Laxenburg ist die weltweit einmalige Gelegenheit, eines der meistgespielten und bedeutendsten Werke der Opernliteratur erstmals an Österreichs einzigem originalen Aufführungsort zu erleben, die sich Liebhaber dieses Meisterwerks nicht entgehen lassen sollten!
TEATRO BAROCCO
Das 2012 von Bernd R. Bienert gegründete Festival setzt sich explizit mit dem Musiktheaterschaffen von W. A. Mozart, dessen künstlerischem Umfeld und mit der heute weitgehend unbekannten Vielfalt an verschiedenen Formen (Melodram, Singspiel, Intermezzo, Opera buffa, Opera seria, usw.) auseinander. Bernd R. Bienert entdeckt und bespielt historisch bedeutende Theaterräume, wie das ehemalige kaiserliche private Opernhaus der Habsburger in Schloss Laxenburg bei Wien. Schon 2012 hat er in Stift Altenburg bei Horn das Saaltheater der Benediktiner – nach dem Vorbild des Salzburger Benediktiner-Universitätstheaters der Mozartzeit – speziell zu diesem Zweck rekonstruiert.
TEATRO BAROCCO „Le nozze di Figaro“
Opera buffa in vier Akten von Wolfgang Amadé Mozart, Libretto von Lorenzo da Ponte
Schlosstheater Laxenburg
Premiere: Do., 18. 2. 2016 (18.00 Uhr)
Weitere Vorstellungen: 20., 21., 27. & 28. 2. 2016 (16.00 Uhr), 25. 2. 2016 (18.00 Uhr)
Regie & Inszenierung, Bühne & Kostüme: Bernd R. Bienert
Musikalische Leitung & Hammerklavier: David Aronson
Ensemble TEATRO BAROCCO auf historischen Instrumenten
Zu hören u.a.: Sarah Marie Kramer, Barbara Angermaier, Megan Kahts, Christina Maria Fercher, Gebhard Heegmann, Gezim Berisha
KRONENZEITUNG | 11 Jänner 2016 | Karlheinz Roschitz
Hoftheater Schloss Laxenburg: Bernd Bienerts TEATRO BAROCCO mit „Figaro“ (18.2.)
„Zum ersten Mal ganz original“
Bienert, 1978 bis 1985 Tänzer und dann auch Choreograf der Wiener Staatsoper („Alpenglühn“ u. a.), ab 1991 Ballettchef der Zürcher Oper, dann in Saarbrücken, war seit seinen Anfängen an der Rekonstruktion tanzhistorisch bedeutender Choreografien - etwa von Vaclav Nijinski, Michel Fokine und Arthur Saint-Leon - interessiert.
Ein entscheidender Schritt waren seine Zuwendung zur Oper des 18. Jahrhunderts und Mozart und seine Forschungen über Aufführungspraxis im Barocktheater: seine Inszenierungen von Georg Anton Bendas „Medea“, „Leonard und Blandine“ Peter von Winters, der eine Fortsetzung von Mozarts „Zauberflöte“ schrieb, von Bendas „Medea“, den Michael-Haydn-Aufführungen des „Bassgeigers zu Wörgl“ und der „Hochzeit auf der Alm“ oder Joseph Haydns „La Canterina“ und „Lo Speziale“. Dafür baute Bienert 2012 eines der schönsten barocken Saaltheater in die Stiftsbibliothek von Altenburg. Heuer wird er mit seinem TEATRO BAROCCO hier Johann Adolph Hasses „Piramo e Tisbe“ aufführen. Ein Großprojekt präsentiert Bienert aber bereits im Februar. Im ehemaligen Hoftheater von Schloss Laxenburg (NÖ) inszeniert er Mozarts und Lorenzo da Pontes „Le nozze di Figaro“.
„Seit 1786 ist das die erste Originalinszenierung am originalen Aufführungsort. Das Theater ist ein viel zu wenig bekanntes Kleinod, das wie das Schlosstheater von Schönbrunn von Nicolo Pacassi im Auftrag Kaiserin Maria Theresias neu gestaltet wurde. Wir feiern damit den 260. Geburtstag Mozarts wie das 230. Jubiläumsjahr der Uraufführung des ‚Figaro‘, der gleich nach der Wiener Uraufführung am 3. Juni 1786 in der Uraufführungsbesetzung gespielt wurde. Im Auftrag Kaiser Josephs II. mit den später gestrichenen Arien Marzellines und Basilios, der ‚Eselsarie‘, aber ohne den für diese Aufführung in Laxenburg vom Kaiser gestrichenen Fandango.“
Bienert selbst entwirft für „Figaro“ Regie & Inszenierung, Bühne und Kostüme im Stil der Zeit Mozarts. „Ich hoffe, dass da alles in Gestik, stilistischen Merkmalen, Ausstattung, also in der alten Aufführungspraxis stimmt.“ David Aronson leitet vom Hammerklavier aus das Orchester. Im Sängerensemble hat er Sarah Marie Kramer, Barbara Angermaier, Megan Kahts, Gezim Berisha. Den Figaro singt Gebhard Heegmann.
Premiere in Laxenburg: 18. Februar 2016
DIE BÜHNE | Jänner 2016
TEATRO BAROCCO IM SCHLOSSTHEATER LAXENBURG
BERND R. BIENERT ENTDECKT ÖSTERREICHS MOZART - DA PONTE - OPERNHAUS
Zum 260. Geburtstag Mozarts entwirft Bernd R. Bienert eine auf die historischen Grundlagen des Librettos zurückgreifende Inszenierung, die in Gestik, Bühnenbildern und Kostümen dem Stil der Mozartzeit entspricht.
Es singt ein handverlesenes, charismatisches und stimmlich herausragendes junges SängerInnen - Ensemble, unter der musikalischen Leitung von David Aronson (Wiener Staatsoper). In den Rollendebuts zu hören sind die Damen: Megan Kahts als Susanna, Sarah Marie Kramer als Gräfin, Barbara Angermaier als Cherubino, Anne Wieben als Marcellina, sowie die Herren: Gebhard Heegmann als Figaro und Gezim Berisha als Graf Almaviva, Florian Pejrimovsky als Bartolo und Carlos Pedruzzi als Basilio.
Ab Februar 2016 besteht mit „TEATRO BAROCCO - FIGARO IN LAXENBURG“ die einmalige Gelegenheit, das wohl bedeutendste und meist gespielte Werk der Opernliteratur, erstmals seit 230 Jahren, im authentischen Ambiente des ehemals privaten habsburgisch-kaiserlichen Opernhauses von Schloss Laxenburg, einem wahren Kleinod europäischer Theater- und Operngeschichte, im Sinne seiner Erbauung durch Kaiserin Maria Theresia, als Opernhaus des 18. Jahrhunderts zu erleben.
Eine Chance, die sich OpernliebhaberInnen nicht entgehen lassen sollten!
18., 20., 21. und 25., 27., 28. Februar 2016
„Le nozze di Figaro“ im Schlosstheater Laxenburg bei Wien
Inszenierung und Ausstattung: Bernd R. Bienert
Musikalische Leitung: David Aronson
10% RABATT mit Codewort „Bühne“
INFOS UND TlCKES: Tel.: 0699/183 969 69
www.teatrobarocco.at, www.culturall.com
KRONENZEITUNG | 30 Dezember 2015
Bienerts TEATRO BAROCCO
Oper in Laxenburg
Bienert, der sich immer wieder um Aufführungen an historischen Plätzen bemüht, hat sich für Februar Mozarts "Le nozze di Figaro" vorgenommen.
„Mich fasziniert es, das Werk im Original - in der Fassung ohne Fandango - an einer Spielstätte aufzuführen, wo es historisch hingehört. ‚Figaro‘ wurde im kaiserlichen, von Pacassi gestalteten Hoftheater der Habsburger nach der Uraufführung von 1786 in Laxenburg aufgeführt. Das ist neben Prag der einzige originale Uraufführungsort für Mozart.“ (Premiere: 18. 2.)
Im Sommer zeigt Bienert auf seiner Barockbühne im Stift Altenburg Johann Adolph Hasses „Piramo e Tisbe“ (ab 25. Juni).
KHR
DIE PRESSE - Kulturmagazin | 16. 10. 2015 | Wilhelm Sinkovicz
Nimmermüder Forscher
Wenn es darum geht, originelle Perspektiven für unseren Blick auf das kulturelle Erbe zu werfen, dann ist der Wiener Choreograph, Regisseur und Impresario Bernd Roger Bienert immer der ideale Ansprechpartner. Seine Spürnase ist legendär. Als Erster hat er beispielsweise die Frage gestellt, ob man in Zeiten, in denen man sich historischer Aufführungspraktiken in der Musik besinnt, nicht auch hinterfragen müsste, wie Opern in der Ära Mozarts oder Beethovens tatsächlich auf der Bühne realisiert wurden. Die Antwort darauf gibt Bienert mit seinem TEATRO BAROCCO seit einiger Zeit anlässlich eines eigenen Festivals in Stift Altenburg, das auch für Kenner verblüffende Einsichten beschert hat. Zuletzt war da etwa die Wiederbelebung eines der für Mozart so wichtigen Melodramen von Georg Anton Benda, „Medea“, zu sehen, bei denen sich Sprache und Musik auf eine damals revolutionäre Weise verbinden.
Fandango! Doch entdeckt Bienert als unermüdlicher Forscher auch historische Orte der großen europäischen Vergangenheit und kann für diesmal der Behauptung entgegentreten, es hätte sich hierzulande kein Theaterraum erhalten, in dem sich etwa die bedeutende Zusammenarbeit zwischen Mozart und seinem kongenialen Textdichter Lorenzo da Ponte manifestiert hat. „In Laxenburg“, erzählt der Impresario, „hat man unmittelbar nach der Uraufführung auf Anordnung Kaiser Josephs II. den ,Figaro‘ gespielt. Und zwar mit dem Ensemble der Premiere, aber in einer etwas veränderten dramaturgischen Form.“ Tatsächlich sei, so Bienert, im Finale des dritten Akts der Oper das Ballett gestrichen worden. „Man hat den Fandango nur dreimal am Uraufführungsort, dem alten Burgtheater am Michaelerplatz, getanzt. Dann wurde die Einbindung des Balletts offenbar zu teuer. Mozart hat eine neue Version der Szene erstellt und die wichtigen Textworte“ (der Graf öffnet ja in diesem Moment den Brief, der ihn zu einem Stelldichein in den Garten bittet) „an anderer Stelle in die Musik eingearbeitet. Erst in Prag hat man die ursprüngliche, längere Version des Finales wieder gespielt.“
Bienert wird diese authentische Wiener „Figaro“-Variante nun anlässlich der Neubespielung des Theaters von Schloss Laxenburg aus den Archiven heben. „Im übrigen möchte ich das Stück ohne Kürzungen bieten, auch die im Theatergebrauch immer gestrichenen Arien von Marzelline und Don Basilio im vierten Akt möchten wir aufführen. Das Schöne daran: Wir spielen ,Figaro‘ in einem Haus, in dem Mozart sein Stück selbst wenige Wochen nach der Uraufführung geleitet hat!“ Das ist eine Sensation, denn bis dato ist man davon ausgegangen, dass sich in Österreich keine der großen Mozart-Spielstätten erhalten hat. Bienert: „Die Bühne im Laxenburger Haus ist sogar größer als jene des Schlosstheaters von Schönbrunn, sie hat vermutlich ähnliche Dimensionen wie das Alte Burgtheater.“ Womit dem notorischen Original-Klang auch ein Original-Theatergefühl von anno 1786 entgegengesetzt werden kann und Bernd Bienert wieder einmal ein Coup gelingen dürfte.
Auch in Altenburg wird das TEATRO BAROCCO im Sommer 2016 wieder zu erleben sein: Fix ist schon der Premierentermin: 26. Juni. Wahrscheinlich wird „Piramo e Tisbe“ von Johann Adolph Hasse (1699–1783), wichtiger Komponist des Spätbarock, gespielt.